Düsseldorf. NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) will eine härtere Gangart gegen Steuerbetrüger durchsetzen. Dies forderte er im Interview mit dieser Redaktion. „Steuerhinterziehung ist eine Straftat, auch wenn das einige immer noch nicht im Bewusstsein haben“, sagte er.
Nach der Steuerbeichte von Alice Schwarzer wird der Ruf nach härteren Strafen für Steuerhinterzieher laut. Die strafbefreiende Selbstanzeige gerät verschärft in die Kritik. Theo Schumacher sprach mit NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD).
Herr Walter-Borjans, der Fall Alice Schwarzer heizt die Diskussion über Steuerhinterziehung wieder an. Wie wirkt sich das auf die Steuermoral in Deutschland aus?
Walter-Borjans: Wenn ein Prominenter auffliegt, gibt er damit auch das Signal, dass jeder für sich prüfen sollte, ob er nicht besser reinen Tisch macht. Prominenz hat einen Werbewert, mit dem man Geld verdienen kann. Aber es gibt eben auch die Kehrseite der Medaille, wie wir gerade sehen.
SPD-Chef Gabriel fordert, Steuerhinterzieher härter zu bestrafen. Wie könnte das aussehen?
Walter-Borjans: Steuerhinterziehung ist eine Straftat, auch wenn das einige immer noch nicht im Bewusstsein haben. Wer hierzulande Verkehrswege, Schulen oder Universitäten nutzt, sich aber bei der Finanzierung aus dem Staub macht, begeht kein Kavaliersdelikt. Mein Ziel ist es aber vor allem, Schlupflöcher im Gesetz so weit zu schließen, dass Steuerhinterzieher nicht am Ende besser wegkommen als jene, die ehrlich ihre Steuern zahlen.
Ein Beispiel?
Walter-Borjans: Ich plädiere dafür, dass Verstöße gegen das Steuerrecht nicht mehr spätestens zehn Jahre nach der Tat verjähren. Vielmehr müsste die Verjährungsfrist wie in den USA erst dann einsetzen, wenn das Delikt entdeckt wird. Es kann nicht sein, dass einer den Staat an der Nase herumführt, wenn er die Tat nur lange genug verschleiert.
Sind Selbstanzeigen nicht ein Privileg, um straffrei davonzukommen?
Walter-Borjans: Sie dürfen kein Privileg sein. Denn das würde verharmlosend wirken und Steuerhinterziehung besser stellen als andere Delikte. Ich bin allerdings dafür, dass Steuerbetrüger auf den Weg der Ehrlichkeit zurückfinden können. Dafür sollte der Staat auch künftig die Hand ausstrecken, vor allem dann, wenn es um kleinere Fälle geht.
Geht Geld geht also vor Strafe?
Walter-Borjans: Nein. Wer Millionen hinterzieht, kann sich nicht einfach auf Irrtum berufen. Denn das ist Betrug. Wenn der Eindruck entsteht, dass man es ja erst einmal versuchen kann und einfach wieder gutmachen, wenn man schlecht schläft, läuft etwas falsch. Deshalb werden wir die Selbstanzeige zumindest auf den Prüfstand stellen müssen. Wir müssen über eine Verschärfung nachdenken, etwa über Höchstgrenzen oder die Frage, wie lange man Steuern nacherklären muss. Ich bin aber dagegen, die Selbstanzeige vollständig abzuschaffen.
Also kauft NRW weiter CDs mit Schweizer Bankdaten an?
Walter-Borjans: Wir hatten 2013 mit rund 4500 Selbstanzeigen in NRW dreimal so viele wie 2012. Allein im Januar 2014 gab es 783 Selbstanzeigen, mehr als viermal so viele wie vor einem Jahr. Das zeigt den Druck, der durch den Ankauf von Steuerdaten entsteht. Die ganze Welle von Selbstanzeigen und ertappten Steuerbetrügern hätte es nicht gegeben, wenn wir an dieser Stelle nicht klare Kante gezeigt hätten.
Täuscht der Eindruck oder sind die Kritiker leiser geworden?
Walter-Borjans: Das nehme ich auch so wahr. Bei schwerwiegenden Straftaten auf anderen Feldern der Kriminalität lässt sich der Staat doch auch nicht verbieten, Informationen aus der Szene zu verwerten. Nichts anderes machen wir hier.