Düsseldorf. .
Die Müllverwertung in NRW befindet sich in einem tief greifenden Wandel. NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) hat bei der Formulierung des neuen „Abfallwirtschaftsplans“, der in den kommenden sechs Jahren Richtschnur für Kommunen und Entsorger sein soll, eine Vielzahl von Problemen, Interessen und Fehlentwicklungen im Auge zu behalten.
„Mit dem ‚Ökologischen Abfallwirtschaftsplan NRW’ soll ein unkontrollierter Mülltourismus durch NRW und ein ruinöser Preiskampf verhindert werden. Stabile Gebühren, Planungssicherheit für die Anlagenbetreiber und Kommunen sowie eine stärkere energetische Nutzung des Bioabfalls sind die zentralen Ziele“, sagte Remmel unserer Zeitung.
16 Müllverbrennungsanlagen in NRW konkurrieren mittlerweile um den Abfall der Bürger. Beim Bau der Öfen wurde nicht vorhergesehen, dass eine schrumpfende und umweltbewusstere Gesellschaft weniger Müll produziert. Die Trennung wertvoller Reststoffe, die Remmel mit ehrgeizigen Zielen in der Biomüllerfassung von 2015 an weiter forcieren will, ist heute breiter politischer Konsens. „Biomüll ist bares Geld“, erklärt das Umweltministerium – und damit für die Restmülltonne viel zu schade.
Preis wird stark subventioniert
Zudem sind Industrie- und Gewerbetreibende seit den 90er-Jahren nicht mehr verpflichtet, ihre Abfälle im heimischen Müllofen zu entsorgen. So sind inzwischen die Anlagen im Ruhrgebiet und Westfalen nur noch zu 70 Prozent ausgelastet, die im Rheinland sogar lediglich zu 56 Prozent. Die Folge: Der Verbrennungspreis für eine Tonne Abfall müsste betriebswirtschaftlich eigentlich bei 120 Euro liegen, wird aber inzwischen zu Dumpingpreisen von 55 Euro angeboten.
Da im Müllgeschäft 70 Prozent aller Kosten unabhängig von der Abfallmenge fix sind, haben vor allem die Städte mit Verbrennungsanlagen Probleme. Die Gebührenzahler merken es an der Nebenkostenabrechnung. Die übrigen profitieren von der harten Wettbewerbssituation: Der Kreis Viersen etwa schrieb seine Abfallmengen aus und lässt die Müllwagen künftig für die Hälfte des Preises in Köln und Solingen entladen. Die Bürger freuen sich über niedrige Gebühren. Mit diesem „Mülltourismus“ will Remmel Schluss machen. Die Aufteilung der 396 NRW-Kommunen auf drei „Entsorgungsregionen“ Westfalen, Mitte/Ruhrgebiet und Rheinland soll den Dumping-Preiswettlauf eindämmen.
„Mit dem neuen Abfallwirtschaftsplan soll das von der EU geforderte Prinzip der Nähe konkretisiert und dabei den Kommunen eine regionale Wahlmöglichkeit bei der Entsorgung ermöglicht werden“, so Remmel. Dabei setze er vor allem auf kommunale Kooperationen. Demnächst beginnt das Beteiligungsverfahren.Dann kommen Städte, Entsorger und Verbände zu Wort. Bei einem so heiklen Thema wie dem Müll dürfte es munter werden.