Essen. Von den NRW-Grünen kommt ein überraschender Vorstoß: Das verkehrsreiche Transitland Nordrhein-Westfalen sollte künftig das bundesweite Lkw-Maut-System betreiben. Fraktionschef Rainer Priggen will stärkeren Einfluss - und hofft auf mehr Einnahmen. Experten sagen, der Kauf selbst könne aber nur wenig ändern.

Der nordrhein-westfälische Verkehrsminister Michael Groschek (SPD) will in der Runde seiner Amtskollegen aus den Ländern die Zukunft des Maut-Unternehmens Toll Collect zur Diskussion stellen, das für den Staat die jährlich mehr als vier Milliarden Euro hohen Lkw-Straßengebühren eintreibt.

Toll Collect wird heute von den Konzernen Daimler und Telekom betrieben. Der Vertrag des Bundes mit den beiden Unternehmen läuft 2015 aus. Berlin hat noch nicht entschieden, ob es Daimler und Telekom erneut den Zuschlag gibt, die Eintreibung der Mittel europaweit neu ausschreibt oder den Betrieb selbst übernimmt. Die letzte Lösung gilt als gut möglich, weil eine so genannte Call Option in den Vertrag eingebaut ist, die der Bundesregierung den Zugriff erlaubt.

Einfluss auf Verteilung der Mauteinnahmen

Groschek reagiert mit der Ankündigung einer Beratung im Länderkreis auf eine Forderung des grünen NRW-Landtags-Fraktionschefs Rainer Priggen. Priggen hatte in der „Rheinischen Post“ gefordert, NRW solle Toll Collect kaufen – auch, um zugunsten von Nordrhein-Westfalen mehr Einfluss auf die Verteilung der Einnahmen zu erhalten.

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Tatsächlich gibt es hier massive Ungleichgewichte. Von den für den Fernstraßenbau 2013 zur Verfügung stehenden 3,4 Milliarden Einnahmen aus der Lkw-Maut sind 630 Millionen nach Bayern geflossen, nur 513 Millionen nach NRW. Dabei ist NRW das bevölkerungs- wie staureichste Bundesland. Immer wieder wird außerhalb Bayerns der Verdacht geäußert, dies habe durchaus mit der häufigen Besetzung des Postens des Bundesverkehrsminister durch einen bayrischen CSU-Politiker zu tun, der das Geld wahlkampfwirksam gerne in seine Heimat leite.

Experten sagten der WAZ, ein Kauf von Toll Collect durch NRW werde an der Verteilung der Milliardeneinnahmen selbst aber nur wenig ändern können. Die Vorstellung sei deshalb eher eine „Schnapsidee“. Der Wert des Unternehmens, das bereits neun Jahre die Lkw-Maut in Deutschland eintreibt, soll den Fachleuten zufolge bei rund 150 Millionen Euro liegen.