Berlin.

Die Bundesregierung steht vor einem Kurswechsel in der Sicherheitspolitik: Nach der von Bündnispartnern kritisierten Politik der militärischen Zurückhaltung wird offenbar ein stärkeres Engagement der Bundeswehr bei Auslandseinsätzen vorbereitet. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) erklärte gestern, Deutschland müsse bei internationalen Einsätzen mehr Verantwortung übernehmen. Es könnten sich in Europa nicht die einen immer „dezent zurückhalten“, wenn es um militärische Einsätze gehe, und die anderen unabgestimmt nach vorne stürmen, sagte von der Leyen dem „Spiegel“.

Zunächst hat die Ministerin ein verstärktes Engagement in Afrika im Blick. Für die Hilfe beim Aufbau einer Armee in Mali könne das deutsche Truppenkontingent von aktuell 99 auf 250 Soldaten aufgestockt werden. Beim bevorstehenden EU-Einsatz in der Zentralafrikanischen Republik werde sich Deutschland zwar nicht mit Kampftruppen beteiligen, die Bundeswehr könne aber einen Lazarett-Airbus bereitstellen. „Wir können nicht zur Seite schauen, wenn Mord und Vergewaltigung an der Tagesordnung sind“, sagte von der Leyen. Allerdings müsse bei jedem militärischen Einsatz vom ersten Tag an auch die Stärkung des zivilen Bereichs betrieben werden.

Die Opposition reagierte empört: Grünen-Verteidigungsexpertin Agnieszka Brugger nannte die Aussagen „gefährlich und kopflos“. Es sei ein riskanter Kurswechsel, Auslandseinsätze der Bundeswehr zur Normalität deutscher Sicherheitspolitik zu erklären.

Der Vorsitzende des Bundeswehrverbands, André Wüstner, sagte der „Bild am Sonntag“: „Wer auch immer in Mali ernsthaft und nachhaltig Streitkräfte aufbauen will, muss sich auf eine Einsatzdauer von mindestens zehn Jahren einstellen, so katastrophal ist der Zustand der Armee dort.“ Wüstner forderte die Bundesregierung auf, der Bundeswehr die politische Strategie für Afrika zu erklären.