Montreux. .

Krasser könnte der Gegensatz nicht sein. Vor der Traumkulisse am Genfer See starteten gestern die Gespräche der verfeindeten Parteien im Syrien-Krieg. Draußen strahlte die Sonne, drinnen im Hotel „Montreux Palace“ warfen sich Opposition und Regierung gegenseitig Gräueltaten vor: 130 000 Tote, Hunderttausende Flüchtlinge, Folter- und Terroraktionen. „Es ist völlig klar, dass die Nerven blank liegen“, sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Man müsse froh sein, wenn beide Seiten überhaupt in Montreux blieben.

Das Dilemma besteht darin, dass man auf der einen Seite eine politische Lösung ohne den syrischen Machthaber Assad sucht und ihn auf der anderen Seite für humanitäre Erleichterungen braucht. Ohne seine Zustimmung wird es keine Waffenpause, keinen Zugang für Hilfsorganisationen geben.

„Dieser Tag ist ein Anfang“, sagte US-Außenminister John Kerry. „Heute ist der Tag der Wahrheit“, erwiderte sein syrischer Kollege Walid al-Muallim, der die Opposition mal Verräter und mal Agenten „im Dienst von Feinden“ nannte und die Atmosphäre aufheizte. Ahmed Al Dscharba, der einen Teil der Rebellen vertritt, hielt im Gegenzug ein Bild von Folteropfern hoch; Fotos, die, seit Tagen die Welt erschüttern.

Dscharba hat in Montreux eine Aufwertung erfahren: Er erreichte Augenhöhe mit der syrischen Regierung und wurde er von der internationalen Staatenwelt als DER Vertreter der Opposition anerkannt.

Es gibt drei Szenarien, wie es weitergehen könnte.
Szenario Nummer eins:
Beide Seiten kämpfen so lange, bis ihr Land ausblutet. Das kann dauern wie der im Libanon gezeigt hat.
Szenario Nummer zwei
:Das Land zerfällt. Die Kurden, die annähernd 15 Prozent der Bevölkerung stellen, sind erst gar nicht nach Genf angereist –, sie stecken ihr Territorium ab.
Szenario Nummer drei:
Es gibt eine diplomatische Lösung, wie sie derzeit gesucht wird. Eine Übergangsregierung wäre ein erster Schritt – ohne Assads Beteiligung.

Die Hoffnung ist, dass beide Seiten nach dem gestrigen Auftakt in der Schweiz bleiben und am Freitag die Verhandlungen aufnehmen. Auf Dauer – so das Kalkül – kann man nicht miteinander reden und mit aller Härte Krieg führen.