Darmstadt. Zwei Jahre lang flog die Raumsonde Rosetta im energiesparenden Tiefschlaf durchs All. Jetzt ist sie geweckt worden, um ihren Anflug auf den Kometen 67P/Tschurjumov-Gerasimenko fortzusetzen. Rosetta soll in eine Umlaufbahn um den Kometen einschwenken und später das Landegerät „Philae“ absetzen.
Als Rosetta abhob, war Johannes Rau noch Bundespräsident, Michael Schumacher wurde in diesem Jahr wieder Weltmeister und Ailton Torschützenkönig bei Werder Bremen. Vor fast zehn Jahren, am 2. März 2004, startete die europäische Sonde mit einer Ariane-5-Rakete zu einer der spektakulärsten und längsten Missionen der Raumfahrtgeschichte. Ziel der Reise ist ein nur etwa vier Kilometer großer Komet, der mit 100 000 Kilometern pro Stunde durchs All rast – ein kalter kleiner Schneeball am Rande unseres Sonnensystems namens 67P/Tschurjumow-Gerassimenko.
Nun nähert sich Rosetta ihrem Ziel. 800 Millionen Kilometer hat die Raumsonde bereits zurückgelegt, ihr elliptischer Flug führte sie fast bis zum fernen Planten Jupiter, wo die Sonne zu wenig Energie liefert, um die Systeme über die Solarsegel ausreichend mit Energie zu versorgen. Beim Flug durch die interplanetaren Dunkelheit wurden Rosetta daher im Juni 2011 in einen energiesparenden Tiefschlaf versetzt. Nur die Uhren liefen weiter. Am Montagabend klingelten die Wecker: Rosetta ist nach jahrelangem "Winterschlaf" aufgewacht.
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Mit Spannung erwarteten die Wissenschaftler und Ingenieure im Kontrollzentrum der europäischen Raumfahrtagentur ESA in Darmstadt auf Rosettas Erwachen. Für die ESA waren die Uhren „die wichtigsten Wecker im Sonnensystem“. Denn nun kommt Rosetta der Sonne wieder näher und kann genügend Energie für ihre Batterien einsammeln. Am Montagabend dann die frohe Kunde: Rosetta sei einsatzbereit, meldete die ESA.
Ein erstes Hallo zur Erde
Läuft alles nach Plan, setzt die Zeitschaltuhr an Bord eine Reihe von Kommandos in Gang: Die Navigationsinstrumente werden erwärmt und orientieren sich am Sternenhimmel. Die Sonde stabilisiert ihre Flugbahn, richtet ihre Hauptantenne zur Erde aus und funkt endlich ein erstes Hallo zur Erde. Wegen der großen Entfernung wird das Signal rund 45 Minuten unterwegs sein, bevor es von den großen Antennen in Kalifornien und Australien aufgefangen wird, um weiter nach Deutschland gesendet zu werden.
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Der elektronische Weckruf läutet die letzte Etappe der Reise durch das Sonnensystem ein. Für astronomische Verhältnisse nur noch kurze neun Millionen Kilometer trennen Rosetta von ihrem Zeil. Anders als bei früheren Kometen-Missionen, bei denen die Sonden allenfalls in einigermaßen kurzer Distanz an dem Himmelskörper vorbeirasten, soll Rosetta den Kometen mindestens bis Dezember 2015 umkreisen und auf seinem Weg in Richtung Sonne begleiten. Im August wird Rosetta in den Orbit des Kometen einschwenken, im November folgt dann die nächste Premiere der Kometenforschung: Das kühlschrankgroße Landegerät Philae soll direkt auf dem kartoffelförmigen Kometen abgesetzt werden und dort Experimente beginnen.
Riskante Landung auf 67P
„Noch wissen wir nicht, auf welche Bedingungen wir dort stoßen“, sagt Staphan Ulamec, Projektleiter für den Lander beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR, der Boden könnte weich sein wie Pulverschnee oder Asche. Damit die kleine Landeeinheit von dem Kometen wegen der geringen Anziehungskraft nicht wieder abprallt wie ein Gummiball, krallt sie sich im Boden mit harpuneähnlichen Ankern fest.
Philae könnte die Kometenforschung revolutionieren. Erstmals werden seine Instrumente die Zusammensetzung eines Schweifstern ausgiebig analysieren. Die Wissenschaftler erhoffen sich von den Daten neue Erkenntnisse zur Entstehung unseres Sonnensystems vor 4,6 Milliarden Jahren.