Washington. .

Die aus der Warte von Angela Merkel und ihresgleichen erfreuliche Nachricht hatten die Redenschreiber von Barack Obama prominent platziert. An der Stelle, als es um das Wirken der US- Geheimdienste im Ausland ging. Und um die Frage, wie man nach dem Skandal um die National Security Agency (NSA) den Interessen von Partnern gerecht werden könnte. „Die Führer unserer engen Freunde und Verbündeten sollen wissen“, sagte der Präsident in Washington, „dass ich zum Telefonhörer greife und sie anrufe, wenn ich wissen will, was sie über einen Sachverhalt denken, anstatt mich auf die geheimdienstliche Überwachung zu verlassen“.

Das Herzstück

Was nicht mit einem Verzicht auf die Arbeit der Lauscher gleichgesetzt werden darf. In „triftigen Fällen von nationaler Sicherheit“, wird das Weiße Haus weiter heimlich ergründen lassen, was Staatschef x und Präsident y im Schilde führen. Zur Dimension: Obamas Sicherheitsberater Ben Rhodes sagte vor der live übertragenen Ansprache, dass „Dutzende ausländische Staats- und Regierungschefs“ nicht mehr geheimdienstlich behelligt werden. Namen? Länder? Kein Kommentar.

Dass ein offizielles Mea Culpa von Obama für die weltweit mit Entrüstung vernommene Spionage in anderer Länder Schaltzentralen ausblieb – „wir entschuldigen uns nicht dafür, dass unsere Dienste vielleicht besser sind“ – war programmatisch für den Auftritt. Obama holte weit aus, markierte die Arbeit der Geheimdienste als staatstragenden Beitrag zur Sicherheit der USA und stellte ohne Beweisführung fest, dass insbesondere das Tun der NSA „diverse Anschläge verhindert und unschuldiges Leben bewahrt hat – nicht nur in Amerika, sondern auf der ganzen Welt“. Eine Aussage, die von etlichen Senatoren in Washington und Anti-Terrorexperten in Abrede gestellt wird.

So einer Organisation die Flügel zu stutzen, ihren Geschäftszweck zur Disposition zu stellen, das kommt für Obama nicht in Frage. Zumal alle Überprüfungen gezeigt hätten, dass die 35 000-köpfige Belegschaft der NSA nirgends ihre Kompetenzen „mutwillig missbraucht hat“. Präsidiales Fazit: „Wir können unsere Geheimdienste nicht einseitig entwaffnen.“

Gleichwohl listete Obama eine Reihe von Korrekturen an den Spähprogrammen und ihrer Handhabung auf, die das Vertrauen in seine Regierung wieder herstellen und die Balance zwischen Privatsphäre und Sicherheitsbelangen neu justieren sollen. Obamas Vorbemerkung hier ist wichtig: Die NSA wird unverändert Daten aus den Telefon- und Internetnetzen ziehen dürfen. Ab dann wird’s neu.

Kritiker sehen ein Täuschungsmanöver

Bisher entschieden die Profiler der NSA, wann sie in den gewaltigen Heuhaufen der für fünf Jahre gespeicherten Meta-Daten (wer hat wann mit wem telefoniert) eintauchen, um die Stecknadel eines Terrorverdachts zu finden. Künftig soll im Einzelfall nur nach Zustimmung der für die Geheimdienst-Arbeit eingerichteten FISC-Sondergerichte der Zugriff auf die Daten möglich sein.

Beim Herzstück der NSA-Arbeit propagiert Obama eine Idee, die Kritiker der Regierung als Täuschungsmanöver bezeichnen. Obama will der NSA die Oberhoheit über den jeden Tag um Milliarden neuer Daten wachsenden Info-Berg nehmen. Bis Ende März erwartet er von Justizminister Holder dazu Vorschläge. Eine nicht näher bezeichnete „dritte Partei“ oder die großen Kommunikationsgesellschaften sollen die Aufgabe übernehmen. Weil erstere völlig vage ist und letztere sich dagegen sträuben – zu teuer, zu hohe Haftungs-Risiken – und am Ende ohnehin der Kongress darüber zu entscheiden hat, könnte der „Versuch von mehr Staatsferne absichtsvoll ins Leere laufen“, vermuten Bürgerrechtler der Organisation ACLU. Hauptgrund: In zehn Monaten wird in Washington gewählt.