Berlin. Die neue Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen verspricht den Soldaten, dass sie Planungssicherheit erhalten, wenn es um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht. Die Interessen von Vätern und Müttern mit kleinen und schulpflichtigen Kindern will die siebenfache Mutter nicht länger ignorieren.
Sie ist neu im Ministerium, also hört Ursula von der Leyen erst mal zu, den Abteilungsleitern, den Generälen. Von der Leyen lässt sich dabei nicht in die Karten gucken. Aber jetzt hat die Verteidigungsministerin ihr erstes großes Interview gegeben und ihre Agenda angedeutet. Der Arbeitgeber Bundeswehr soll attraktiver werden. „Das wichtigste Thema ist dabei die Vereinbarkeit von Dienst und Familie“, sagte sie „Bild am Sonntag“. Es ist der Auftritt einer Kümmerin. Von der Leyen: „Jetzt lasst mich mal machen.“
Sie wohnt im Ministerium. So hat es von der Leyen bisher immer gehalten. Das hilft ihr, quasi rund um die Uhr viel wegzuschaffen, für die Familie aber das Wochenende freizuhalten. Es ist ein Rhythmus, der vielen Soldaten bekannt vorkommt. Sie ziehen bei Dienstpostenwechsel immer seltener um, berichtet der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus. Sie pendeln lieber, bevor das Kind die Schule wechseln und der Partner seinen Job kündigen muss.
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Umso mehr ärgern sie sich, wenn die Anreise zu Lehrgängen auf Sonntage gelegt wird. Und bevor man sie in den Schulferien der Kinder auf Lehrgänge schicke, so von der Leyen, „muss wirklich jede Alternative geprüft werden“. Die Ministerin hat ihre Hausaugaben gemacht. Im letzten Jahresbericht des Wehrbeauftragten ist die Zahl der Klagen über die mangelnde Vereinbarkeit von Beruf und Familie weiter angestiegen.
In vielen Kasernen gibt es Platz für Kitas
„Auch bei Truppenbesuchen wird das Thema regelmäßig angesprochen“, erzählt Königshaus. In Hamburg hört er, dass die Helmut-Schmidt-Universität nicht eine einzige Wohnung für Familien bereitstellt. In Bonn beklagen sich Soldaten darüber, dass die in NRW gesetzlich fixierte Kostenfreiheit für das letzte Kita-Jahr nicht auf der Hardthöhe gilt. Erst 2014 werden an den Krankenhäusern der Bundeswehr in Koblenz, Ulm und Berlin Betreuungseinrichtungen in Betrieb genommen. An Standorten wie Dresden oder Leipzig haben sich die Streitkräfte Belegrechte an den örtlichen Kitas gesichert. Das sei besser als nichts. Nur sei es nicht einzusehen, warum man nicht an solchen Großstandorten eigene Betreuungseinrichtungen schaffe, kritisiert Königshaus. Dazu kommt, dass kommunale Einrichtungen oft die Aufnahme von Kindern für weniger als vier Wochen ablehnen. Aber wie sollen die Soldaten mit Kindern dann ihren Lehrgängen nachkommen?
Von der Leyen schlägt vor, verstärkt Tagesmütter einzusetzen. Für die Betreuung habe die Truppe „den großen Vorteil, dass es in vielen Kasernen den Platz dafür gibt“. Bei Null fängt man nicht an. Es gibt nicht nur Kindergärten, sondern auch ein Handbuch zur Vereinbarkeit von Familie und Dienst. Seit Juli 2012 können Eltern auf Antrag zusätzliche anfallende Betreuungskosten erstattet bekommen, im Bedarfsfall je Kind sechs Euro pro Sunde, maximal 36 Euro pro Tag.
Ein Oberbootsmann, der in zehn Jahren fünf Mal versetzt wurde und davor stand, Vater zu werden, klagte gegenüber dem Wehrbeauftragten, er wisse nicht, wohin die Reise gehe. Ein Soldat wollte mit dem eigenen PKW zur „Prüfung“ fahren und sofort wieder zurück zur Niederkunft der Ehefrau - abgelehnt. Ein anderer bat um Versetzung, um die behinderte Großmutter zu pflegen - „lachhaft“. In einem Fall wollte jemand wegen der Geburt seines Kindes nicht in den Einsatz ziehen - dann solle er doch gleich aufhören, bekam er zu hören.
Planungssicherheit für Soldaten mit schulpflichtigen Kindern
Planungssicherheit brauchen gerade mit Soldaten mit schulpflichtigen Kindern. „Es kann nicht hingenommen werden, wenn ein Soldat mit zwei einzuschulenden Kindern Ende Juli noch nicht weiß, wohin er zum 1. Oktober versetzt wird“, schimpft der Wehrbeauftragte Königshaus.
Ex-Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) hat die Probleme verschärft. Im Zuge der Bundeswehrreform wurden Tausende von Soldaten hin und herversetzt. De Maizière hat die Reform nur von seinem Vorgänger übernommen. Er musste sie gegen alle Widerstände durchsetzen. Von der Leyen will Dienst- und Familienzeiten besser aufeinander abstimmen. Die Soldaten müssten wissen, „was mit ihnen in drei oder fünf Jahren ist, damit sie auch zu Hause planen können“.