Berlin. . Hessen macht es vor, nun gelten die Bundesländer als Testfeld für neue Machtoptionen. In Thüringen hält Landeschefin Christine Lieberknecht (CDU) ein Bündnis mit den Grünen für denkbar. Allerdings liebäugelt die Linke mit dem Posten des Ministerpräsidenten, mitgewählt von der SPD.

Die schwarz-grüne Koalition in Hessen findet möglicherweise schon im kommenden Jahr Nachahmer in anderen Bundesländern. Vor den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg 2014 zeigen sich die Parteien beweglich wie nie: „Eine schwarz-grüne Koalition, wie sie gerade in Hessen vereinbart wurde, schließe ich nicht aus“, erklärte gestern Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU).

„So fremd sind wir uns mit den Grünen in einer Reihe von Positionen nicht.“ Umgekehrt senden die Grünen jetzt klare Signale: Ziel bei den Landtagswahlen seien „Regierungsoptionen“, sagte Bundestags-Fraktionschef Anton Hofreiter. Er sehe dafür „überall gute Möglichkeiten“. Doch so wie die Dinge liegen, werden die Grünen am ehesten mit Schwarz-Grün regieren können.

Schon ist die Linkspartei alarmiert: „Wer Grün wählt, der weiß nicht, was er bekommt“, ätzt der Vizechef der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch. Die Linke ist gereizt, sie will erstmals einen Ministerpräsidenten stellen, da stört Schwarz-Grün nur. Es steht viel auf dem Spiel, auch bundespolitisch: Die Länder werden zum Testfeld neuer Machtoptionen. Die Landtagswahlen werden also spannend, besonders die in Thüringen voraussichtlich im September.

Die große Koalition in Thüringen ist zerstritten

Noch regiert dort Lieberknecht eine Große Koalition, die aber zerrüttet ist. Schon länger umwerben CDU-Politiker die Grünen. Doch diese sind in Thüringen sehr schwach, bei der Bundestagswahl kamen sie auf 4,9 Prozent, bei der letzten Landtagswahl auf 6,2 Prozent. Und die Partei ist uneins über die Koalitionsoption. Spitzenkandidatin Anja Siegesmund äußert sich deshalb zurückhaltend zu Schwarz-Grün, sagt aber auch: „Wir werden den Testfall Hessen aufmerksam beobachten.“

Allerdings hält sich Lieberknecht, deren Partei bei letzten Umfragen deutlich stärkste Kraft vor der Linkspartei und der SPD war, auch die Fortsetzung der Großen Koalition offen. Wenn sie die Wahl hat. Denn SPD-Landeschef Christoph Matschie ist unter Umständen bereit, einen Ministerpräsidenten der deutlich stärkeren Linkspartei mitzuwählen – wenn es sich um den Links-Realo Bodo Ramelow handelt. Rot-Rot oder Rot-Rot-Grün: Die historische Operation wäre im Sinne von SPD-Chef Sigmar Gabriel, der damit die Öffnung zu Bündnissen mit einer pragmatisch gewendeten Linkspartei demonstrieren könnte.

In Sachsen, das am 31. August wählt, ist die Lage anders: CDU-Ministerpräsident Stanislaw Tillich regiert seit 2009 geräuschlos die letzte CDU/FDP-Regierung. Die Koalitionspartner hätten sich zusammengerauft, er wolle das Bündnis fortsetzen, sagt Tillich.

"Wir können zu Helden werden, wenn wir Scharz-Gelb verteidigen"

Aber wie? Tillichs CDU pendelt in Umfragen zwischen 40 und 45 Prozent. Doch die Liberalen müssen um den Wiedereinzug in den Landtag fürchten. FDP-Landeschef Holger Zastrow sagt, er wolle für die gesamte FDP die Wende einleiten: „Wir können zu Helden werden, wenn wir Schwarz-Gelb verteidigen.“ Scheitert er, bliebe Tillich eine Koalition mit der SPD oder den Grünen – eine Mehrheit für Rot-Rot-Grün ist nicht in Sicht.

Die CDU werde „sich keiner Koalition verschließen“, sagt Tillich zu Schwarz-Grün. Die bodenständige Grünen-Fraktionschefin Antje Hermenau hat gute Drähte zur CDU und würde zu gern ein solches Bündnis eingehen, für das sie seit langem wirbt. Obwohl die Grünen in dieser Frage gespalten sind, sagt Parteichef Volkmaer Zschoke: „Die Tür für Gespräche werden wir nicht schließen.“

Nur in Brandenburg (14. September) dürfte sich eine solche Gelegenheit erst gar nicht ergeben. Ministerpräsident Dietmar Woike (SPD), der die einzige rot-rote Regierung führt, fehlt zwar die Popularität seines zurückgetretenen Vorgängers Matthias Platzeck. Die CDU holt auf, in Umfragen liegt sie mit 30 Prozent nur noch zwei Punkte hinter der SPD. Doch ohne SPD dürfte eine Regierungsbildung kaum möglich sein, Grüne und FDP werden keine Rolle spielen. Da wollen es sich weder CDU noch Linkspartei mit der SPD verscherzen.