Berlin. . An diesem Wochenende soll in Berlin die neue Regierung stehen. Ein guter Anlass für einen Blick in die Kabinettsgeschichte mit Ministern für (fast) alle Fälle. Geschichte machen durften dabei vor allem Männer – selbst in Frauenfragen.

Energieministerium. Internetministerium. Demografieministerium. Superministerium. An ­Vorschlägen für neue Ressorts und frischen Wind in der künftigen ­Regierung mangelte es nicht. ­Umgesetzt werden dürfte davon kaum etwas. Was alles möglich ­gewesen wäre, zeigt ein Blick in die wechselvolle Geschichte der Bonner und Berliner Ministerriegen.

Die Zukunft währt vier Jahre

Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie sind zwar wichtig – klingen aber auch irgendwie ­dröge. Deswegen dachte sich Kanzler Helmut Kohl 1994 für ­Jürgen Rüttgers den (inoffiziellen) Titel „Zukunftsminister“ aus. Die Bezeichnung brachte dem CDU-Mann allerdings mehr Spott als ­Ehre ein. Als Kohl 1998 die Wahl verlor, war auch die Zukunft des Ministers Rüttgers beendet.

Ein Bayer für die Spaltung

Dem CSU-Mann Franz Josef Strauß war es vorbehalten, 1955 als erster „Atomminister“ in die bundesdeutsche Geschichte einzugehen. Als „Minister für Atomfragen“, wie er offiziell hieß, sollte Strauß „den Weg freimachen für die Erforschung und wirtschaftliche Erschließung und Nutzung der Spaltung der Atomkerne“. Strauß wechselte schon nach ei­nem Jahr ins Verteidigungsressort, später wollte er die Bundeswehr mit Nuklearwaffen ausgerüstet wissen – auch eine Art von Konsequenz. Das Atomministerium ging 1962 im ­Forschungsministerium auf.

Die (Un-) Verzichtbaren

In den 50er- und 60er-Jahren waren sie aus den Bundesregierungen nicht wegzudenken: die Minister für „Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge“. Dafür sorgte schon die starke Lobby der Vertriebenenverbände, die seinerzeit noch großen Rückhalt in weiten Teilen der Bevölkerung hatten und die besonders von der CDU umhegt wurden. Erst SPD-Kanzler Willy Brandt traute sich nach dem Machtwechsel 1969, für sein ­sozial-liberales Kabinett keinen Vertriebenenminister zu benennen und dessen Zuständigkeit auf andere Ressorts zu verteilen – unter großem Protest der Verbände, deren Einfluss zusehends schwand.

Die Deutschland-Frage

Ein ähnliches Schicksal ereilte das Ministerium für „gesamtdeutsche“ bzw. „innerdeutsche Fragen“. In den ersten Jahren der deutschen Teilung nach dem Krieg stand die Frage der Einheit ganz oben auf der politischen Agenda. Unter welchen Vorzeichen und in welchem politischen Klima damals diskutiert wurde, zeigt ein Zitat Jakob Kaisers, den Kanzler Konrad Adenauer 1949 zum ersten Ressortchef fürs Gesamtdeutsche machte. „Ein wahres Europa kann nur gebildet werden, wenn die deutsche Einheit wiederhergestellt wird“, so CDU-Mann Kaiser 1951. Und er fügte hinzu: „Sie umfasst auch Österreich, einen Teil der Schweiz, die Saar und Elsaß-Lothringen.“ Die Regierungen aller Couleurs behielten das Ministerium bei – bis die Einheit es überflüssig machte.

Und die Frauen?

Die Frauen fanden bei der Ressortverteilung lange nicht statt – das gilt für die Ressortchefs selbst (erst 1961, im vierten Kabinett Adenauer, rückte mit CDU-Frau Elisabeth Schwarzhaupt als Gesundheitsministerin die erste Frau ins Bundeskabinett), aber auch für das Themengebiet. Es dauerte bis 1986, als erstmals ein Ministerium für Frauen geschaffen wurde. Zur Ressortchefin machte Helmut Kohl Rita Süssmuth (CDU).

Familie und – äähem...

Um einen flotten Spruch war SPD-Kanzler Gerhard Schröder nie verlegen. Als er 1998 die Ressorts verteilte, machte er Christine Bergmann (SPD) zur Ministerin für „Familie und Gedöns“. Macho Schröder fing sich dafür einige Rüffel ein. Tatsache aber ist: Kein Ressort hat, was die Bezeichnung betrifft, solch eine wechselvolle Geschichte vorzuweisen. Von „Familienfragen“ 1949 über „Familie und Jugend“ bis zu „Jugend, Familie und Gesundheit“ 1969. 1986 kamen eben die „Frauen“ hinzu, die 1991 wieder herausfielen und den „Senioren“ Platz machten. Die Ministerin ­Angela Merkel holte die Frauen ­zurück in den Titel und heute sind wir beim Ministerium für „Familie, Senioren, Frauen und Jugend“.

Schröder hat sich für sein „Gedöns“ übrigens erst vor Kurzem entschuldigt. Ihm sei einfach die ­korrekte, komplette Bezeichnung gerade nicht eingefallen. Klar doch.