Berlin. Freiern in Deutschland droht künftig eine Strafe, wenn sie die Dienste von Zwangsprostituierten in Anspruch nehmen. Dieser Plan gehört zur umfassenden Reform des Prostitutionsgesetzes, die eine große Koalition schon kommendes Jahr in Angriff nehmen will.
Union und SPD wollen nach der angestrebten Bildung einer großen Koalition rasch gegen Zwangsprostitution vorgehen. Dies sei "eine der ersten Aufgabe", die die neue Regierung angehen müsse, sagte die stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig am Montag vor Journalisten in Berlin. Sie verteidigte ebenso wie die CDU-Politikerin Annette Widmann-Mauz das geplante Strafgesetz gegen Freier, die die Zwangslage von Prostituierten ausnutzen.
Es könne nicht bei der Ausbeutung von Frauen und Männern in der Prostitution bleiben, sagte Schwesig. Da müsse eine künftige Bundesregierung "zügig ran". Legale Prostitution solle aber legal bleiben.
Wichtiges Zeichen gegen Zwangsprostitution
Freiern in Deutschland droht künftig eine Strafe, wenn sie die Dienste von Zwangsprostituierten in Anspruch nehmen. Dieser Plan gehört zur umfassenden Reform des Prostitutionsgesetzes, die eine große Koalition schon kommendes Jahr in Angriff nehmen will. Dies sei "eine der ersten Aufgaben, die die Bundesregierung angehen muss", sagte die stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig.
Zur Reform des zwölf Jahre alten Gesetzes gehören ferner eine stärkere Kontrolle von Bordellen und das Verbot von ausbeuterischen Praktiken wie "Flatrate-Sex". Seit dem Jahr 2002 gilt in der Bundesrepublik eines der liberalsten Prostitutionsgesetze weltweit. Union und SPD planen jetzt zwar eine strengere Reglementierung, doch eine so weitgehende Reform wie in Frankreich steht nicht auf der Tagesordnung.
"Eine generelle Bestrafung von allen Freiern wird nicht erwogen", versicherte der CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl. Französische Gesetzespläne sehen eine Geldstrafe von mindestens 1500 Euro für sämtliche Freier vor, die zu einer Prostituierten gehen. In Deutschland wollen CDU, CSU und SPD nur jene Freier bestrafen, "die wissentlich und willentlich die Zwangslage der Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution ausnutzen und diese zu sexuellen Handlungen missbrauchen".
Auf diese Formulierung im schwarz-roten Koalitionsvertrag hatten sich die zuständigen Familienpolitiker Anfang November verständigt. "Zwangsprostitution hat nur dann einen goldenen Boden, wenn es eine entsprechende Nachfrage gibt", sagte die amtierende Gesundheitsstaatssekretärin Annette Widmann-Mauz (CDU) im Deutschlandfunk.
In der Koalitionsarbeitsgruppe der Innen- und Rechtspolitiker soll das Vorhaben allerdings kontrovers diskutiert worden sein. Kritiker bemängeln, im konkreten Fall dürfte dem Freier nur schwer nachzuweisen sein, dass er es "wissentlich" mit einer Zwangsprostituierten zu tun hatte. Uhl sprach deshalb von Fällen "erkennbarer Zwangsprostitution", etwa wenn die Prostituierte mit Gewalt vorgeführt werde oder erkennbar unter Drogen stehe. Schwesig betonte, unabhängig vom Problem der Nachweisbarkeit wäre ein solcher Straftatbestand ein "wichtiges Zeichen". Das Recht müsse auch Maßstäbe festlegen, was in der Gesellschaft geboten und was verboten sei. Widmann-Mauz, die das Vorhaben in der AG Familien und Frauen mit ausgehandelt hatte, ergänzte, viele Männer würden sich mehr Gedanken über die erbrachte Dienstleistung machen, wenn sie wüssten, dass sie auch dafür belangt werden können.
Welche Strafe den Freiern konkret droht, ist bislang allerdings völlig offen. Schwesig räumte ein, über die konkrete Ausgestaltung müsse noch mit Juristen und Praktikern beraten werden.
Besserer Schutz vor Menschenhandel
Union und SPD hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, Frauen künftig besser vor Menschenhandel und Zwangsprostitution zu schützen. Künftig sollten Verurteilungen nicht mehr daran scheitern, dass das Opfer nicht aussagt, heißt es in dem Vertrag. Für die Opfer solle unter Berücksichtigung ihres Beitrags zur Aufklärung und ihrer Mitwirkung im Strafverfahren das Aufenthaltsrecht verbessert werden.
Hintergrund der geplanten Maßnahmen sind Berichte über den Anstieg der Zwangsprostitution seit den noch von Rot-Grün beschlossenen Neuregelungen zur Prostitution. Damit sollten die Arbeitsbedingungen der Frauen verbessert werden. (afp)