Berlin. Bewegung bei der Pkw-Maut, aber massiver Streit ums Geld: Nach ersten Kompromiss-Signalen haben sich CDU, CSU und SPD in der wohl entscheidenden Verhandlungsrunde für eine große Koalition beim Finanzthema verhakt.

Auch bei der SPD-Kernforderung nach einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro gab es am späten Dienstagabend noch keinen Kompromiss. Größter Brocken neben den Finanzen sei die Umsetzung der Pläne zur Verbesserung der Renten, hieß es in Unionskreisen.

Aus Rücksicht auf die SPD wollten beide Seiten Ministernamen nicht vor dem geplanten Mitgliederentscheid der SPD (6. bis 12. Dezember) nennen. Das erfuhren die "Bild"-Zeitung und die Deutsche Presse-Agentur. SPD-Chef Sigmar Gabriel stand bei den Verhandlungen besonders unter Druck. Er muss die frustrierte Parteibasis überzeugen, dass der Koalitionsvertrag eine sozialdemokratische Handschrift trägt. Die SPD soll sechs Bundesministerien führen, die CDU fünf (plus Kanzleramtsminister) und die CSU drei.

Am Abend verzögerte sich der Beginn der Beratungen in großer Runde mit mehr als 70 Teilnehmern. Zu groß war der Gesprächsbedarf bei zentralen Streitthemen noch im engsten Kreis der Parteispitzen. Dennoch zeigten sich Unterhändler beider Seiten zuversichtlich, die Gespräche bis Mittwoch abzuschließen. Im Laufe des Tages sollte der Koalitionsvertrag dann vorgestellt werden.

Beim CSU-Lieblingsthema Pkw-Maut zeichnete sich eine Lösung ab, die aber noch von den Parteispitzen abgesegnet werden musste. Auch bei der umstrittenen Vorratsdatenspeicherung wurden sich beide Seiten offenbar einig. "Die EU-Richtlinie über den Abruf und die Nutzung von Telekommunikationsverbindungsdaten werden wir umsetzen", hieß es im jüngsten Entwurf für den Koalitionsvertrag.

Aus Kreisen der Union hieß es gegen 20.00 Uhr, die Kosten der von den Arbeitsgruppen vorgeschlagenen Projekte in Höhe von mehr als 50 Milliarden Euro seien bisher nur unwesentlich zusammengestrichen worden. Die SPD bestand demnach auf Ausgaben und Investitionen von 45 Milliarden Euro, CDU und CSU beharrten auf einer Deckelung bei 16 Milliarden. "Es wird schwierig, das heute Nacht noch hinzubekommen", sagte ein Unions-Mitglieder der Verhandlungsdelegation der dpa. Auch bei anderen zentralen Themen wie der doppelten Staatsbürgerschaft gab es zunächst keine Einigung.

Zur Pkw-Maut erarbeiteten Union und SPD einen Kompromissvorschlag, wie aus der dritten Fassung des Entwurfs für den Koalitionsvertrag hervorging. Um mehr Geld für die Straßen zu bekommen, "werden wir einen angemessenen Beitrag der Halter von nicht in Deutschland zugelassenen PKW erheben (Vignette) mit der Maßgabe, dass kein Fahrzeughalter in Deutschland stärker belastet wird". Unklar ist aber, ob diese Bedingung erfüllt werden kann. Union und SPD wollen ein entsprechendes Gesetz 2014 verabschieden. Merkel hatte im Wahlkampf noch betont: "Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben."

In Teilnehmerkreisen wurde mit endgültigen Ergebnissen erst am frühen Mittwochmorgen gerechnet. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles kündigte an: "Es wird eine lange Nacht." Auch ihr CDU-Kollege Hermann Gröhe ging von einem "ganz großen Stück Arbeit" aus. CDU-Vize Julia Klöckner rechnete aber letztlich damit, dass der Koalitionsvertrag am Mittwoch steht.

Merkel reist an diesem Donnerstag zu einem EU-Gipfel mit osteuropäischen Staaten nach Litauen. Nach Angaben aus ihrer Umgebung will sie an dem Termin festhalten. Bei grünem Licht der SPD-Mitglieder könnte Merkel am 17. Dezember im Bundestag zum dritten Mal zur Kanzlerin gewählt werden. Das neue schwarz-rote Kabinett würde dann am selben Tag die Arbeit aufnehmen.