Düsseldorf. Die Kritik ist einhellig und geballt. Kein gutes Haar lassen die Hochschul-Chefs an dem Entwurf zum neuen Hochschulgesetz, mit dem NRW-Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD) Forschung und Lehre „zukunftsfest“ machen möchte. Im Interview verteidigt Svenja Schulze ihr Vorhaben gegen die Einwände.
Überflüssig, unnötig, von roter Ideologie getrieben, ein Rückschritt in Zeiten des Staatsdirigismus – so lautet das Echo der Rektoren auf den Referentenentwurf zum „Hochschulzukunftsgesetz“. Ministerin Svenja Schulze (SPD) weist die Kritik zurück, an den Eckpunkten des Gesetzes werde sie nicht rütteln lassen. Die Freiheit der Hochschulen bleibe gewahrt.
Sie wollen die Hochschulen wieder stärker steuern. Misstrauen Sie den Hochschulen?
Svenja Schulze: Es geht nicht um Misstrauen, sondern um die Zukunft der Universitäten. Wir haben gemeinsam fast drei Jahre breit über das Gesetz diskutiert, es kam für keinen überraschend.
Die Rektoren beklagen, dass ihre Mitarbeit keinen Niederschlag gefunden habe. Stimmt das?
Schulze: Nein, wir haben uns aufeinander zubewegt. Die Hochschulen hätten am liebsten gar keine Änderung gehabt, das Land aber will eine Reform. Bei dem Prozess muss jede Seite ein Stück nachgeben. Von machen höre ich auch Zustimmendes und Konstruktives.
Warum wurde die Reform nötig?
Schulze: Wir reden über Transparenz. Alle, die öffentliche Mittel bekommen, müssen Offenheit über die Verwendung des Geldes gewährleisten. Das zieht sich durch das ganze Gesetz. Und die Hochschulen erhalten viel Geld, über vier Milliarden Euro im Jahr. Sie müssen transparent machen, wofür sie es ausgeben.
Wollen Sie vorgeben, wo es welche Studienangebote geben soll?
Schulze: Wir werden nicht bis hinunter in die Studiengänge hineinregeln. Aber wenn 37 Hochschulen darauf achten, was das Beste für sie ist, dann kommt nicht unbedingt das Beste für alle dabei heraus. Bis jetzt liegt das Studienangebot aber allein in der Verantwortung der Hochschulen. Sie wollen alle forschungsstark sein. Es muss aber auch Hochschulen geben, die stark in der Lehrerausbildung sind.
Und das wollen Sie nun von Düsseldorf aus steuern?
Schulze: In die Autonomie der Hochschule werde ich nicht eingreifen. Aber ich möchte, dass es eine landesweite Abstimmung gibt. Dafür wird ein Landeshochschulentwicklungsplan sorgen, der mit dem Parlament vereinbart wird. Da legen wir die Ziele fest: Wir brauchen mehr Berufsschullehrer, wir wollen, dass Hochschulen auch kleine Fächer vorhalten und dass wir eine Vielfalt im Land haben. Wir wollen, dass die Gleichstellung verankert wird, dass Rahmenbedingungen für ein erfolgreiches Studium geschaffen werden, die befristeten Beschäftigungsverhältnisse an den Hochschulen zurückgefahren werden und auf der Forschungsseite Stärken ausgebaut werden.
Das klingt eher abstrakt und vage.
Schulze: Das ist der Rahmen. Auf der einen Seite steht die Abstimmung mit dem Landtag, auf der anderen Seite die mit den Hochschulen über konkrete Vereinbarungen, wohin sich die Hochschule entwickelt. In diesem Zusammenhang soll es auch klare Angaben über die Zahl der Studierenden geben.
Die Hochschulen legen ihre Kosten- und Leistungsrechnung bereits offen. Was fehlt Ihnen an Transparenz?
Schulze: Um Vergleichbarkeit herzustellen, müssen wir auch gleiche Regeln der Haushaltsführung haben. Das haben wir aber nicht. Wenn wir von bauähnlichen Hochschulen erfragen, wie die Energiekosten gestiegen sind, antwortet die eine: zehn Prozent. Die nächste sagt: 70 Prozent. Damit kann mein Haus nicht arbeiten. Wir wollen auch, dass Geldgeber, Fördersummen und Forschungsthemen sichtbar werden. Wir wollen Standards einführen für die von der Wirtschaft finanzierten Stiftungsprofessuren, damit sie weiterhin wissenschaftlich unabhängig bleiben. Und wir wollen Transparenz bei den Gehältern der Rektoren.
Sie wissen nicht, was die Rektoren im Lande verdienen?
Schulze: Die Hochschulräte genehmigen den Rektoren oder Präsidenten ganz unterschiedliche Gehälter und Zulagen. Zukünftig wollen wir jährlich den anonymisierten Durchschnitt und die anonymisierte Gesamtsumme der Bezüge der hauptberuflichen Mitglieder der Hochschulleitung veröffentlichen – schließlich sind das Steuergelder! Es ist heutzutage eine Selbstverständlichkeit, dass Gehälter auf dieser Ebene transparent zu machen sind.
Die Hochschulen mauern, wollen sich nicht wieder an die ministerielle Leine legen lassen. Wo ist der Kompromiss?
Schulze: Nordrhein-Westfalen wird das Land mit den größten Freiheitsrechten für die Hochschulen in Deutschland. bleiben. Das Ministerium wird auch in Zukunft keine Professoren berufen, die Hochschulen erhalten einen Globalhaushalt, über den sie entscheiden, ebenso wie über ihre Stellen. Das alles gibt es in Bayern nicht. Da bestimmt das Ministerium, wer berufen wird, nicht die Uni.
Und was haben die Studenten von Ihrem „Zukunftsgesetz“?
Schulze: Es wertet die Rolle der Studierenden auf. Sie erhalten mehr Mitbestimmungsrechte direkt auf der Fachbereichsebene sowie im Leitungsgremium, dem Senat. Zudem wird in Zukunft ein Studium in Teilzeit möglich sein, das haben Studenten immer wieder gefordert.