Berlin. Ein echtes Konfliktthema haben sich die Unterhändler von Union und SPD an diesem Donnerstag vorgenommen: die Energiewende. Dass gleich zum Auftakt Kompromisse erzielt werden, ist kaum zu erwarten. Umweltschutzorganisationen warnen vor Subventionen für Kohlekraftwerke.

Umweltschützer haben an Union und SPD appelliert, bei
den Koalitionsverhandlungen eine finanzielle
Förderung für unrentabel gewordene Kohlekraftwerke auszuschließen. "Wir lehnen
es ab, wenn die Kohleverstromung mit zusätzlichen Subventionen ökonomisch wieder
interessanter gemacht werden soll", sagte der Vorsitzende des Bundes für Umwelt
und Naturschutz Deutschland (BUND), Hubert Weiger, der Deutschen Presse-Agentur
vor der ersten Sitzung der schwarz-roten Verhandlungsgruppe Energie an diesem
Donnerstag.

Weil der Ökostrom zunimmt und sich deshalb die Stilllegungsanträge
für fossile Kraftwerke häufen, wird über Wege diskutiert, wie auch bei wenig
Wind und Sonne die Stromleistung gesichert werden kann. Im Gespräch sind
Sonderprämien für Kraftwerksbetreiber, die rund um die Uhr Strom liefern
können.

Ökostrom-Förderung auf dem Prüfstand

Weiger sagte weiter, der Einspeisevorrang für Windkraft an Land und
Photovoltaik müsse unbedingt erhalten werden. Auf keinen Fall dürfe es
Rückschritte bei der Energiewende geben.

Die Koalitionsarbeitsgruppe tagt unter Leitung von
Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) und Nordrhein-Westfalens
Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD). Vor allem geht es darum, den Wechsel
hin zu einer ökologischen Stromproduktion so zu gestalten, dass er bezahlbar
bleibt. Bisher wird Ökostrom dadurch gefördert, dass die Vergütung auf 20 Jahre
garantiert ist - finanziert über den Strompreis. Die Förderung von Solar- und
Windenergie soll nun reformiert werden; Industrierabatte auf die Ökostromumlage
könnten gekappt werden. Zugleich pocht Kraft darauf, dass die Energiewende nicht
zum Abbau von Industrie-Jobs führen darf.

Kraft will für Energiewende keine Industriearbeitsplätze opfern

Dafür hat sie viel Kritik geerntet. Nach den Worten des mit
verhandelnden hessischen SPD-Chefs Thorsten Schäfer-Gümbel will seine Partei
aber nicht bremsen. Sie wolle die Energiewende "einschließlich des
Strukturwandels, der damit verbunden ist", sagte er der "Frankfurter Rundschau"
(Donnerstag). "Damit das funktioniert, müssen industrielle Arbeitsplätze
wettbewerbs- und zukunftsfähig bleiben. Deshalb brauchen wir eine nachhaltige
Balance. Darauf hat Hannelore Kraft völlig zu recht hingewiesen."

EU-Energie-Kommissar Günther Oettinger sprach sich erneut für "den
weiteren Ausbau der volatilen Erneuerbaren (Energien) mit Maß und Ziel, mit
einem ordentlichen, gedrosselten Tempo" aus. "Zu glauben, dass man nur auf
Erneuerbare setzen kann und auch noch die Kohle abschalten kann, die immerhin 45
Prozent des deutschen Stroms erzeugt, das wäre gefährlich", sagte er dem
WDR-/NDR-Studio Brüssel.

SPD pocht auf ein Klimaschutzgesetz

Union und SPD wollen, dass der Ausbau erneuerbarer Energien stärker
an das Tempo beim Bau neuer Stromleitungen gekoppelt wird. Die SPD pocht zur
Senkung der CO2-Emissionen zudem auf ein Klimaschutzgesetz mit verbindlichen
Zielmarken. Zudem soll das Energiesparen forciert werden: Eine Idee ist eine
Abwrackprämie für alte Heizungen. (dpa)