Essen. Das soziale Netzwerk stellte Beiträge jugendlicher Nutzer bislang unter besonderen Schutz. Doch nun können auch Heranwachsende Bilder und Texte für alle sichtbar posten. Datenschützer haben Bedenken.
Facebook verändert die Zugangsbedingungen für seine jungen Nutzer: Waren Einträge und Mitteilungen der unter 18-Jährigen bislang nur für den jeweiligen Bekanntenkreis sichtbar, kippt das soziale Netzwerk nun diese Einschränkung und lässt diese Beiträge für alle Nutzer freischalten. Für Teenager zwischen 13 und 17 Jahren soll die Grundeinstellung bei Facebook demnächst nur noch ,,Freunde“ lauten.
Was bedeutet das konkret?
Auf den ersten Blick klingen die Veränderungen bei Facebook wie ein Verschärfung der Regeln für junge Nutzer: Galt für die bisher als Grundeinstellung für die Verbreitung ihrer Einträge „Freunde von Freunden“, so wird diese Einstellung nun auf „Freunde“, also auf einen deutlich kleineren Leser-Kreis, begrenzt. Aber: Die jungen Nutzer können künftig, anders als bisher, ihre Einträge öffentlich „posten“, also für sämtliche Facebook-Mitglieder freischalten. Sie verlassen die „Freundessphäre“ und auch das soziale Netzwerk. Wurde das Netzwerk bislang im engeren Kreis genutzt, verlässt es nun den privaten Raum.
Zum Hintergrund: Im Durchschnitt hat ein Facebook-Nutzer 150 Freunde und teilt einen Beitrag in diesem Falle mit 150 Personen. Bei der Einstellung „Freunde von Freunden“ ist derselbe Beitrag dann gleich für mehrere tausend Nutzer sichtbar. Die striktere „Freunde“-Einstellung wird von Experten positiv bewertet, denn damit bewegten sich Jugendliche in einem kleineren Kreis.
Werden die 13- bis 17-Jährigen, für die Facebook die Zugangsvoraussetzungen ändern will, auf mögliche Auswirkungen hingewiesen?
Ja. Der Warnhinweis besteht aus einem Pop-up-Fenster, in dem es heißt: „Wusstest du, dass öffentliche Beiträge von jedem gesehen werden können, nicht nur von Personen, die du kennst?“
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„Diese Frage ist kein wirklicher Hinweis. Sie suggeriert Sicherheit“, sagt Michaela Zinke, Referentin für Verbraucherrechte in der digitalen Welt beim Bundesverband für Verbraucherschutz. Der ergänzende Hinweis, dass der Nutzer Freundschaftsanfragen und Nachrichten von Personen erhalten könne, die er nicht persönlich kenne, sei nicht ausreichend. Es folge eine zweite Warnung. „Aber, der Jugendliche denkt weiter, er befinde sich bei Facebook“, so Zinke.
Welche Auswirkungen wird die Änderung für Jugendliche haben?
Nach Ansicht der Experten wüssten Kinder und Jugendliche häufig nicht, welche Konsequenzen ihreMediennutzung habe. Medien zu bedienen sei das eine, sie zu nutzen das andere. „Öffentlich bei Facebook zu posten bedeutet, Nachricht oder Bild stehen im Netz, weltweit für alle und jeden sichtbar“, sagt Michaela Zinke. Interessanter zu sein als die anderen – diesen Druck verspürten Jugendliche, die sich bei Facebook präsentierten. Hier testeten sie ihren Marktwert aus, der sich unter anderem an der Anzahl der Freunde manifestiere. Sich als schönes Mädchen oder wagemutiger Kerl zu zeigen, spiegele sich in den Fotos wider. „Wenn diese Bilder öffentlich gepostet werden, können sie in falsche Hände geraten“, sagt Henry Krasemann vom Landeszentrum für Datenschutz in Kiel. „Das süße Mädchen ist dann nicht nur für den eigenen Freund interessant, sondern auch für den alten Sack.“
Warum müssen Jugendliche vorsichtig sein, wenn sie einen Beitrag öffentlich posten wollen?
Nach Angaben von Datenschützern sind Inhalte, die einmal im Netz stehen, nicht mehr zu löschen. Auch dann, wenn man bei Facebook interveniere und einen Fall von Mobbing anzeige. Partyfotos sind heißbegehrte Suchobjekte von Unternehmern. „Der macht nur Party. Der Ausbildungsplatz ist futsch. Das ist der klassische Fall“, berichtet Michaela Zinke. Sie fürchtet, dass die Praxis amerikanischer Firmen des so genannten „Social Media Scoring“ iin Europa Schule mache. Da gebe es Versicherungen, die spähten ihre Kunden im Internet aus. Wer Bungee-Jumping-Fotos poste, seinen Mut zum Risiko feiere, der müsse eine höhere Versicherungsprämie zahlen.
Welche Interesse verfolgt Facebook mit der Änderung?
Kritiker sehen wirtschaftliche Gründe: Facebook wolle in Europa attraktiver werden, weil die Zahl junger Nutzer in den USA rückläufig sei.
auf gar keinen Fall verbieten. Bei Facebook geht es in erster Linie um das Dabeisein. Sich der Gruppe zugehörig zu fühlen, darauf kommt es an“, sagt Michaela Zinke vom Bundesverband für Verbraucherschutz. Sie rät allerdings allen Eltern, sich selbst mit Facebook zu beschäftigen und sich dafür zu interessieren, was ihre Kinder mit dem Sozialen Netzwerk anstellen wollen. „Eltern und Schule haben einen großen Anteil daran, Kindern den sicheren und risikoarmen Umgang mit Facebook beizubringen“, sagt die Media-Expertin. Jeder, der dort etwas poste, müsse wissen, das das unwiderrufbar geschehe. Peinliche Fotos und Videos blieben für die ganze Welt sichtbar - für immer. Das soziale Netzwerk Facebook ist offiziell für Teens ab 13 zugänglich. Fakt ist, dass niemand kontrolliert, wie alt die Nutzer sind. Auch Kinder tummeln sich in diesem Netzwerk. Zugang verschaffen sie sich über freiwillige Altersangaben, die mit der Realität nichts zu tun haben.