Washington. Gegen den umstrittenen US-Geheimdienst NSA sind neue massive Vorwürfe bekannt geworden. Neuen Berichten zufolge soll die NSA aus Adressbüchern von E-Mail-Accounts weltweit Hunderte Millionen von Kontaktadressen ausgeforscht haben. Auch Adressen aus den Kontaktlisten von Instant-Messaging-Konten wurden demnach massenhaft abgeschöpft.
444.743 von Yahoo, 105.068 von Hotmail, 82.857 von Facebook, 33.697 von Gmail und 22.881 von sonstigen Betreibern. Das ist die Ausbeute von E-Mail-Adressbüchern und „Freundeslisten“, die der US-Geheimdienst NSA im vergangenen Jahr weltweit im Rahmen seiner präventiven Sammelwut zur Verhinderung von Terroranschlägen abgefischt hat - an einem einzigen Tag.
Nach Unterlagen des nach Russland geflohenen Ex-NSA-Mitarbeiters Edward Snowden, die am Montag zum ersten Mal die „Washington Post“ mit inoffizieller Bestätigung des Geheimdienstes veröffentlicht hat, summieren sich die geheim abgefangenen Datensätze im Jahr auf rund 250 Millionen. Das Ausmaß der systematischen Überwachung der Internetkommunikation durch den massiv ins Gerede gekommen US-Auslandsgeheimdienst hat damit nach Ansicht von Kritikern der NSA eine neue Stufe erreicht.
Schnüffelei ausschließlich außerhalb der USA
Wie Barton Gellman, der NSA-Experte der Hauptstadtzeitung, schreibt, werden die Daten mit Hilfe auswärtiger Geheimdienste und Telekommunikationsgesellschaften ausschließlich außerhalb der USA an den einschlägigen Internetknoten-Punkten abgefangen. In Amerika selbst besitze die NSA dafür keine richterliche Genehmigung. Gleichwohl sei offensichtlich, dass auch die privaten Internet-Telefonbücher und Postfächer von „Instant Messenger“-Diensten von Millionen Amerikanern durchforstet würden.
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Gellman arbeitet in seinem jüngsten Report heraus, dass besagte E-Mail-Adressbücher für die von General Keith Alexander geführte Schnüffel-Behörde weitaus ergiebiger sind als die bereits bekannt gewordenen Telefon-Metadaten (wer hat wann mit wem gesprochen). „Adressbücher enthalten für gewöhnlich nicht nur Namen und E-Mail-Kennzeichnungen, sondern auch Telefonnummern, Straßennamen, Geschäftsbezeichnungen und Familien-Details", so Gellman, "manchmal sind auch in Postfach-Listen von E-Mail-Konten, die in der Cloud gespeichert sind, die ersten Sätze einer Nachricht aufgeführt.“
"NSA reißt jede Wand ein"
Laut Gellman haben die bekannten amerikanischen E-Mail- Anbieter beteuert, keinesfalls der NSA zugearbeitet zu haben. Yahoo etwa wolle im Zuge der jüngsten Enthüllungen ab 2014 seine E-Mail-Verbindungen erstmals verschlüsseln. Was das bringt, wurde Gellman kürzlich bei einer Tagung der libertären Denkfabrik Cato gefragt. Der Pulitzerpreis-Träger berichtete dem Publikum, dass er seinen dienstlichen E-Mail-Verkehr seit über zehn Jahren mit diversen Verschlüsselungs-Techniken absichere - jedoch ohne allzu große Hoffnungen auf Privatheit. „Die Regierung ignoriert jedes Verbot, Kryptologie zu umgehen, wenn sie einen Anlass sieht, Die NSA reißt jede Wand ein. Es gibt keine Chance, mich zu schützen, wenn die NSA mich auf dem Radar hat.“