Brüssel. . Wie die Länder mit Flüchtlingen umgehen, bleibt ihnen überlassen. Damit kommen die Italiener nicht länger zurecht, denn der Flüchtlingsstrom reist nicht ab. Nun soll das Thema auf dem nächsten Gipfel behandelt werden.
Es war als Ehrung gemeint, doch vor dem Hintergrund der europäischen Flüchtlingspolitik nimmt es sich aus wie Zynismus: Italiens Ministerpräsident Enrico Letta hat die Opfer der Lampedusa-Katastrophe posthum zu italienischen Staatsbürgern ernannt. Den Überlebenden des Unglücks, denen nun Bestrafung droht, muss das wie Hohn vorkommen. Nach dem Motto: Ihr seid willkommen in der EU – sobald ihr tot seid!
Vor den südlichen Küsten der Europäischen Union ist das Flüchtlingssterben kein Ausnahmefall, sondern Normalzustand. In den vergangenen beiden Jahrzehnten haben nach den Zahlen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) fast 20 000 Menschen den Versuch, ins „gelobte Land“ EU zu gelangen, mit dem Leben bezahlt.
Es sei „eine Schande“, wie man die Italiener mit dem Problem allein gelassen habe, wetterte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz in der Bild-Zeitung. Das Thema müsse in der kommenden Woche auf dem Gipfeltreffen behandelt werden. Die Innenminister haben es bereits aufs Programm ihrer Tagung am heutigen Dienstag gesetzt.
Bis heute ist die Migrationspolitik Sache der Mitgliedsstaaten: Die EU hilft zwar mit der Agentur Frontex bei der Kontrolle der Außengrenzen, leistet finanzielle Unterstützung für überforderte Verwaltungen und hat ein Verfahren für die Zuständigkeit für eintreffende Asyl-Bewerber (Dublin-Abkommen). Doch viele Details sind Ländersache, zum Beispiel die Frage, ob die Flüchtlinge als illegale „Täter“ oder als Opfer von Menschenhandel einzustufen sind.