Düsseldorf.

Private Sicherheitsdienste in Nordrhein-Westfalen haben Hochkonjunktur. Weil die Zahl der Wohnungseinbrüche im vergangenen Jahr um weitere 7,5 Prozent auf 54 167 Fälle gestiegen ist, beauftragen verunsicherte Bürger häufig als Extra-Schutz für ihre Häuser eine „Privatpolizei“. Seit 2000 hat sich die Zahl der privaten „Sheriffs“ an Rhein und Ruhr auf knapp 40 000 verdoppelt. CDU-Innenpolitiker Theo Kruse nennt die Entwicklung „besorgniserregend“. Innenminister Ralf Jäger (SPD) verteidigt sich, NRW stelle so viele Polizisten ein wie nie zuvor.

In wohlhabenden Wohnvierteln nicht nur in Mönchengladbach, Ratingen, Meerbusch und Köln zahlen Haushalte zwischen 30 und 50 Euro monatlich für den zusätzlichen Schutz. Private Dienste patrouillieren im Auto oder auf Streife mit Hund. Nach drei Jahren Praxis lobt die Initiative des Projekts in Ratingen die abschreckende Wirkung durch Sicherheitsleute: Inzwischen gehen auch die Einbruchszahlen zurück.

Verlagerung inandere Stadtteile

Frank Scheulen vom Landeskriminalamt (LKA) warnt allerdings vor einer „trügerischen Sicherheit“ der Anwohner. „Private Sicherheitsdienste haben keine hoheitlichen Befugnisse und lediglich Jedermann-Rechte.“ Das heißt: Wenn Sicherheitsdienste etwas Verdächtiges entdecken, müssen sie die Polizei rufen. Außerdem fürchten Experten der Polizei, dass professionelle Einbrecher ihre Beutezüge lediglich in andere Stadtviertel verlagern.

Seit Jahren gilt Nordrhein-Westfalen als „Haupteinsatzgebiet“ für gut organisierte Einbruchsbanden aus Osteuropa. Sieben der zehn deutschen Einbruchshochburgen befinden sich an Rhein und Ruhr: In Köln lag die Aufklärungsquote im Vorjahr aber lediglich bei dramatisch niedrigen sechs Prozent. Der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Erich Rettinghaus, verlangt, dass NRW die „Sorgen und Ängste der Bürger ernst nehmen muss“. Nur mit zusätzlichen Polizeikräften könne NRW der „Einbrecherbanden Herr werden“.

Für Innenminister Jäger bleibt die Bekämpfung der Kriminalität Aufgabe der Polizei. „Die Menschen müssen für sich selber entscheiden, ob sie kommerzielle Sicherheitsdienste in ihrem privaten Umfeld beschäftigen wollen“, sagte Jäger der NRZ. „Private Sicherheitsdienste können aber die Polizei nicht ersetzen.“ Schließlich wüssten nur Polizisten, „wann sie einschreiten müssen und was zu tun ist“, grenzte sich Jäger von einer „Ersatzpolizei“ ab. „Es gibt für die Polizei keine Sicherheit erster und zweiter Klasse.“

„Schwarze Schafe“ vonAufträgen ausschließen

Das Vordringen der privaten Sicherheitsdienste spricht eine andere Sprache. Längst übernimmt die „Privatpolizei“ auch an Verkehrsflughäfen, Bahnhöfen, Asylbewerberheimen und Abschiebegefängnissen Schutzfunktionen. Polizeigewerkschafter Rettinghaus sieht die zunehmende Tendenz, private Sicherheitsdienste zu beauftragen, mit Sorge. Rettinghaus fordert zumindest eine strenge Zertifizierung, damit nicht auch „schwarze Schafe“ Aufträge erhalten. Derzeit reicht laut Bewachungsverordnung (BewachV) für Sicherheitsleute eine Sachkundeprüfung bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) mit 80 Stunden Unterricht.