Brüssel/Essen. . Bahnkunden haben künftig Anspruch auf Rabatt, wenn ihr Zug wegen eines Streiks oder eines Unwetters eine Stunde oder mehr verspätet ist.

Bahnkunden haben künftig Anspruch auf Rabatt, wenn ihr Zug wegen eines Streiks oder eines Unwetters eine Stunde oder mehr verspätet ist. Das ergibt sich aus einem Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshofs und gilt für alle Bahnfirmen in der EU, in Deutschland für die große Deutsche Bahn wie für alle kleineren Privatbahnen.

Das Recht auf Preisnachlass gilt damit auch bei Verzögerungen infolge höherer Gewalt, wenn die Züge sich also verspäten wegen Vorkommnissen, zu denen die Bahn selbst gar nichts kann: Hochwasser, Erdbeben, Streik, Selbstmord mit dem Zug, Kinder in den Gleisanlagen . . . Künftig kann ein Fahrgast 25 Prozent des Fahrpreises zurückverlangen, wenn die Verspätung mehr als eine Stunde beträgt. Bei Verspätungen von mehr als zwei Stunden hat er Anspruch auf 50 Prozent des gezahlten Fahrpreises. Die Bahn kündigte an, die Entscheidung „in einer für die Verbraucher und für die Eisenbahnen wichtigen Rechtsfrage unverzüglich umzusetzen“.

Als „Meilenstein für die Bahnkunden in ganz Europa“ bezeichnete die Grünen-Fraktion im Bundestag das Urteil. Dass es auch für Reisen im Nahverkehr gelte, sei ein großer Fortschritt. Der SPD-Verkehrsexperte Ismail Ertug meinte, das Urteil werde „für Deutschland richtungsweisend sein“. Die Deutsche Bahn zahle bisher nur, wenn ein Zug ganz ausfällt. Sei er lediglich deutlich verspätet, berufe sie sich auf höhere Gewalt. Nach Angaben des Fahrgast-Verbandes „Pro Bahn“ kommt das allerdings nicht sehr häufig vor.

Das sei eine „sehr angenehme Klärung strittiger Sachverhalte“, so Lothar Ebbers, Pressesprecher des Verbandes in NRW. Die künftigen Kosten würden wahrscheinlich „in die Kalkulation der Preise einbezogen“, andererseits werde jetzt „die Bürokratie weniger. Der Zug war nicht da, das ist eindeutig.“ Wenn der Kunde sich falsch verhalte, verspiele er die Erstattung aber wieder, meinte Ebbers. Sein Beispiel: „Wenn die Bahn einen Ersatzzug ausruft und der Kunde in der Bahnhofshalle sitzen bleibt.“

Zugleich wurde Kritik laut, dass die Erstattungspflicht jetzt für den Bahnverkehr gelte, aber nicht für Busse, Schiffe und Flugzeuge. „Das ist Wettbewerbsverzerrung zulasten des Eisenbahnverkehrs und zugunsten der anderen Verkehrsträger“, sagte Michael Ziesak, der Vorsitzende des „Verkehrsclubs Deutschland“.