London/Washington/Paris. Zeichen der Entspannung: Die syrische Regierung hat angekündigt, möglicherweise mit den Rebellen über eine Waffenruhe zu verhandeln. Eine Zeitung zitiert den Vizepräsidenten mit den Worten: “Der Bürgerkrieg steckt in einer Sackgasse“. Indes bietet sich der Iran als Vermittler an, die USA fordern einen schnellen UN-Beschluss und Frankreich erwägt Waffenlieferungen in die Region.

Die syrische Regierung würde beim Zustandekommen einer internationalen Friedenskonferenz eine Waffenruhe fordern - lehnt einen Rücktritt aber kategorisch ab. Das sagte der syrische Vizeministerpräsident Kadri Dschamil in einem am Donnerstag im Internet veröffentlichen Interview mit der britischen Zeitung "Guardian".

Auf die Frage, was seine Regierung beim Zustandekommen einer Genf-II-Konferenz vorschlagen würde, sagte Dschamil: "Ein Ende ausländischer Einmischung, eine Waffenruhe und den Start eines friedlichen politischen Prozesses."

Nach Einschätzung Dschamils steckt der Bürgerkrieg in einer Sackgasse. "Weder die bewaffnete Opposition noch die Regierung sind in der Lage, die andere Seite zu besiegen", sagte der für Wirtschaftsfragen zuständige stellvertretende Regierungschef der Zeitung. Seine Aussagen spiegelten die Haltung der gesamten Regierung wider, sagte er.

Rücktritt von Baschar al-Assad werde es aber nicht geben

Einen Rücktritt von Staatschef Baschar al-Assad, wie die Rebellen es als Vorbedingung für eine Friedenskonferenz fordern, werde es nicht geben. Niemand sollte davor Angst haben, dass "das Regime in seiner derzeitigen Form weitermacht".

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Dschamil rief die Staatengemeinschaft auf, "von unseren Schultern herabzusteigen" und der Regierung die Umsetzung "fortschrittlicher Reformen" zu ermöglichen. Er bezifferte die Kosten des Bürgerkrieges für die syrische Wirtschaft auf 100 Milliarden Dollar (74 Milliarden Euro).

Eine zweite internationale Friedenskonferenz wird seit Monaten von den USA und Russland vorbereitet, ohne dass bislang ein Datum gefunden wurde. Die Aufständischen in Syrien hatten einen ersten Gipfel boykottiert und wollen nur an einer zweiten Konferenz teilnehmen, wenn Assad zurücktritt.

Iran bietet sich als Vermittler an

Indes hat sich der der iranische Präsident Hassan Ruhani als Vermittler im syrischen Bürgerkrieg angeboten. In einem am Donnerstagabend (Ortszeit) veröffentlichten Namensartikel für die "Washington Post" schrieb Ruhani, Teheran sei bereit, den Weg zu Gesprächen zwischen Syriens Machthaber Baschar al-Assad und den Aufständischen zu ebnen. "Ich erkläre die Bereitschaft meiner Regierung, dabei zu helfen, den Dialog zwischen der syrischen Regierung und der Opposition ermöglichen", schrieb Ruhani. Das Vermittlungsangebot dürfte allerdings auf Skepsis bei der syrischen Opposition treffen: Die Regierung in Teheran gilt als enger Verbündeter von Assad.

Ruhanis Namensartikel ist mit dem Titel "Warum der Iran einen konstruktiven Beitrag sucht" überschrieben. Der iranische Präsident legt darin auch seinen Ansatz für eine Beilegung der Spannungen in der Region des Nahen Ostens dar. "Wir müssen uns zusammentun, um auf einen konstruktiven nationalen Dialog hinzuarbeiten, ob in Syrien oder in Bahrain", schrieb Ruhani. "Wir müssen eine Atmosphäre schaffen, in der die Völker in der Region ihr eigenes Schicksal entscheiden können."

Ruhani gilt als eher gemäßigt

Der als gemäßigt geltende Ruhani war bei den iranischen Präsidentschaftswahlen im Juni zum Nachfolger von Mahmud Ahmadinedschad bestimmt worden. In einem Interview mit dem US-Sender NBC hatte er am Mittwoch bereits versichert, dass der Iran niemals Atomwaffen bauen werde.

USA drängen derweil auf UN-Beschluss, Frankreich erwägt Waffenlieferungen an Rebellen 

In den USA drängt derzeit US-Außenminister John Kerry auf rasche Rückendeckung der Vereinten Nationen (UN) für den amerikanisch-russischen Plan zur Zerstörung der syrischen Chemiewaffen. Der UN-Sicherheitsrat müsse nächste Woche handeln, sagte Kerry am Donnerstag vor Journalisten. Ein klares Signal der internationalen Gemeinschaft sei nun erforderlich.

In New York ringen die Veto-Mächte des UN-Sicherheitsrates um eine Resolution zur Kontrolle der syrischen Chemiewaffen. Ein von den USA und Russland ausgehandelter Plan sieht vor, dass die syrische Regierung ihre C-Waffen binnen einer Woche offenlegt und sie dann bis Mitte 2014 vernichtet. Ein gemeinsames Papier der USA, Frankreichs und Großbritanniens lässt den Einsatz von Gewalt zu, falls Syrien dieser Forderung nicht nachkommt. Diplomaten erwarten aber, dass Russland diese Passage streichen lassen wird.

So nahm der russische Präsident Wladimir Putin erneut den syrischen Machthaber Baschar al-Assad in Schutz. Er wiederholte die Vermutung, Rebellen könnten den Giftgas-Angriff vom 21. August verübt haben, um ein militärisches Eingreifen der USA zu provozieren. Kerry dagegen bekräftigte, es bestehe wenig Zweifel, dass Assads Truppen für den Giftgas-Einsatz verantwortlich seien.

Präsident Francois Hollande äußerte sich in Mali

Frankreich hat erstmals erklärt, syrische Rebellen mit Waffen versorgen zu wollen. Sie sollten an Aufständische gegeben werden, die zwischen Regierungstruppen einerseits und radikalen Islamisten andererseits stünden, sagte Präsident Francois Hollande am Donnerstag bei einem Besuch in Mali. "Wir werden das (die Lieferung von Waffen) in einem breiteren Zusammenhang und mit mehreren Ländern gemeinsam in einem Rahmen tun, der kontrolliert werden kann", sagte Hollande. "Denn wir können nicht akzeptieren, dass Waffen in die Hände von Dschihadisten fallen, gegen die wir hier (in Mali) gerade erst gekämpft haben."

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Eine Bewaffnung der Rebellen ist unter westlichen Ländern unter anderem deswegen umstritten, weil die syrische Opposition zersplittert ist und unter den Rebellen islamistische Gruppierungen zuletzt an Stärke gewonnen haben. Daher wird befürchtet, dass westliche Waffen in die Hände radikaler Moslems mit Verbindungen zu Al-Kaida gelangen könnten.

Lieferung an Rebellen als Export des Terrorismus

Im Juni hatte Syriens Staatschef Baschar al-Assad europäische Staaten davor gewarnt, Waffen an die Rebellen in seinem Land zu liefern. "Wenn die Europäer Waffen liefern, wird der Hinterhof Europas terroristisch, und Europa wird den Preis dafür zahlen", hatte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" gesagt. Eine Folge von Lieferungen an die Rebellen wäre der Export des Terrorismus nach Europa, sagte Assad. "Terroristen werden kampferfahren und mit extremistischer Ideologie ausgerüstet zurückkehren.(afp/rtr)