Washington/New York. Syriens Präsident Baschar al-Assad hat persöndlich zugesichert, die Chemiewaffen seines Landes zerstören zu lassen. Dies werde jedoch ein Jahr dauern und eine Milliarde Dollar (fast 750 Millionen Euro) kosten, sagte Assad am Mittwoch im US-Sender Fox. Er bestritt in dem Interview, dass sich Syrien in einem Bürgerkrieg befinde.

Die Vernichtung der Chemiewaffen in Syrien dauert
nach Angaben von Machthaber Baschar al-Assad etwa ein Jahr. Der ganze Prozess
koste zudem viel Geld, ungefähr eine Milliarde Dollar, sagte Assad in einem
Interview des TV-Senders Fox News, dass am Mittwochabend (Ortszeit) ausgestrahlt
wurde. "Es ist eine sehr komplizierte Operation."

Assad kündigte an, dass sein Land dem Chemiewaffenabkommen der
Vereinten Nationen vollständig nachkommen wolle. Dazu gehöre auch die Zerstörung
des syrischen Arsenals. "Wenn wir als Syrien einer
Vereinbarung beitreten, dann halten wir uns immer an solche Vereinbarungen."

Zugleich bestritt er, dass sein Regime für den Chemiewaffenangriff
auf die eigene Bevölkerung am 21. August verantwortlich
sei. Das sei "nicht
realistisch und nicht wahr", sagte er und ergänzte: "Jeder kann Sarin machen".
Er erklärte, dass es sich bei der Attacke um ein Verbrechen gehandelt habe. Außerdem bestritt Assad, dass sich Syrien in einem
Bürgerkrieg befinde. Es sei vielmehr durch zehntausende, mit dem Terrornetzwerk
Al-Kaida verbündete Dschihadisten angegriffen worden.

Assad-Regime muss bis Samstag Chemiewaffenarsenal offenlegen

Nach einer Vereinbarung der USA mit Russland muss das Assad-Regime
sein Chemiewaffenarsenal bis Samstag offenlegen. Bis Mitte 2014 sollen die
Chemiewaffen aus dem Land gebracht und zerstört werden. Experten bezweifeln,
dass der Plan mitten im Bürgerkrieg umgesetzt werden kann. Er sei damit
einverstanden, dass die amerikanische Regierung die Waffen zur Vernichtung in
die USA bringe, wenn sie bereit sei, "das Geld zu bezahlen", sagte Assad
Fox-News.

Unterdessen gibt es Streit über die Objektivität des Syrien-Berichts der UN-Chemiewaffeninspekteure. Die
Vereinten Nationen wiesen die Kritik Russlands zurück. UN-Sprecher Martin
Nesirky erklärte am Mittwoch, die Untersuchungsergebnisse über die Verwendung
von Giftgas in Syrien seien "unstrittig". Die
Resultate sprächen für sich selbst. Es sei "ein völlig objektiver Bericht" über
diesen Zwischenfall gewesen, betonte Nesirky.

Der russische Vizeaußenminister Sergej Rjabkow hatte den Inspekteuren
laut Staatsagentur Ria Nowosti vorgeworfen, "sie haben einen selektiven und
unvollständigen Bericht erstellt". Moskau unterstellt den Experten, sie seien
"politisiert, voreingenommen und einseitig" vorgegangen.

Russland will dem Weltsicherheitsrat nun Beweise für den Einsatz von
Chemiewaffen durch die syrischen Rebellen vorlegen. Die Regierung in Damaskus
habe Rjabkow Material übergeben, das die "Provokationen" vonseiten der
Aufständischen zeige, sagte Außenminister Sergej Lawrow der Agentur Interfax
zufolge.

UN-Inspekteure sollen weitere Vorfälle untersuchen

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hatte einen weiteren Einsatz der
Inspekteure in dem Bürgerkriegsland
angekündigt. Sie sollen dort weitere
Vorfälle untersuchen. Danach werde das Expertenteam einen Abschlussbericht
vorlegen, sagte Ban am Dienstagabend bei der Eröffnungssitzung der
UN-Vollversammlung in New York. Er forderte zugleich den Sicherheitsrat auf,
eine starke Syrien-Resolution einschließlich der
Androhung von Konsequenzen zu verabschieden. Das Gremium müsse einen Weg finden,
den von Russland und den USA vorgegebenen Plan zur Offenlegung der syrischen
Chemiewaffen durchzusetzen. "Im Fall einer Nichteinhaltung muss es Konsequenzen
geben", sagte er.

Die Chemiewaffeninspekteure könnten nach Ansicht des Teamleiters Åke
Sellström schon in der kommenden Woche für weitere Untersuchungen nach Syrien reisen. Es gehe um drei noch zu untersuchende
Vorwürfe, sagte er dem US-Nachrichtensender CNN. Zuvor hatte auch Rjabkow
kritisiert, die UN-Experten hätten drei weitere angebliche Chemiewaffeneinsätze
nicht untersucht.

Merkel: Keine Hinweise auf Nutzung deutscher Exporte für Sarin-Produktion

Nachdem bekannt geworden ist, dass Deutschland mehrere Jahre lang Chemikalien nach Syrien geliefert hat, die zur Herstellung von Giftgas
gebraucht werden, hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erklärt, es gebe derzeit keine
Hinweise, dass mit den Stoffen das Nervengas Sarin produziert wurde.

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Merkel sagte am Mittwochabend in den ARD-Tagesthemen, die Bundesregierung
gehe allen Vorwürfen nach. "Aber die ersten Erkenntnisse sagen: Keine Nutzung
für die Herstellung zum Beispiel von Sarin." Nach allen Informationen, die ihr
zur Verfügung stünden, seien die Stoffe "für zivile Dinge genutzt worden".

Der Linken-Bundestagsabgeordnete Jan van Aken erklärte, es dürfe
nicht sein, dass die sensiblen Stoffe "ausgerechnet nach Syrien geliefert wurden, von dem man damals schon
wusste, dass es ein riesiges Chemiewaffenprogramm unterhält". Der
Chemiewaffen-Experte sagte: "Damit ist nicht
auszuschließen, dass sich Deutschland auch an den Toten des Sarin-Angriffes von
Damaskus am 21. August mitschuldig gemacht hat." (dpa/afp)