Den Haag/Paris. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat Haftbefehl gegen den sudanesischen Präsidenten Omar el Baschir erlassen. Ihm werden Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Region Darfur vorgeworfen.

Omar el Baschir ist bekannt für seine Wutausbrüche, besonders zornig wird er, wenn er sich gedemütigt fühlt. Am Mittwoch hatte der sudanesische Präsident gewiss einen außergewöhnlich heftigen Wutanfall: Nach jahrelangen Ermittlungen hat der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag einen Haftbefehl gegen Baschir erlassen.

Völkermord vorgeworfen

Der Sudanese ist damit der erste amtierende Staatschef, der sich vor dem Gericht verantworten soll. Chefankläger Luis Moreno-Ocampo hatte den Haftbefehl im Juli beantragt. Er wirft Baschir Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen in der sudanesischen Krisenprovinz Darfur vor.

Der 65-jährige Baschir, der durch seinen breiten Schnurrbart, goldene Brillen und schütteres Haar auffällt, herrscht seit 20 Jahren über das größte Land Afrikas. Geboren auf dem Land nördlich der Hauptstadt Khartum, entwickelte er schon in jungen Jahren eine Leidenschaft für das Militär und machte rasch Karriere.

An die Macht geputscht

Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hat Haftbefehl gegen Omar el Baschir erlassen. Foto: afp
Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hat Haftbefehl gegen Omar el Baschir erlassen. Foto: afp © AFP

Als General riss Baschir 1989 mit einer Gruppe von gleichgesinnten hochrangigen Offizieren mit Gewalt die Macht an sich, indem er die demokratisch gewählte Regierung stürzte. Er verhängte den Ausnahmezustand, setzte die Verfassung außer Kraft, löste das Parlament und alle Parteien auf.

Erst 1996 ließ sich Baschir durch eine Wahl im Amt bestätigen, die Abstimmung war aber weder frei noch fair. Vier Jahre später ging er wieder als Sieger aus einer Wahl hervor, die allerdings von der Opposition boykottiert wurde.

Fundamentalistischer Paramilitär

Mit seinem fundamentalistischen Islam brachte Baschir nicht nur die Christen und Animisten im Süden des Landes gegen sich auf, sondern auch die arabische Elite aus dem Norden. Zusammen mit seinem Mentor Hassan el Turabi gründete er die paramilitärischen Volksverteidigungskräfte, die im Süden einen «Heiligen Krieg» gegen sogenannte Ungläubige ausfochten. Hilfsorganisationen, die sich für den Schutz der Zivilbevölkerung einsetzten, warf Baschir vor, sie wollten nur missionieren.

Später zerstritt Baschir sich mit dem Fundamentalisten Turabi, der zu seinem größten innenpolitischen Feind wurde. Als Turabi die Vollmachten des Präsidenten durch einen Parlamentsbeschluss beschränken lassen wollte, ließ Baschir die Militärs aufmarschieren und erneut die Volksvertretung auflösen.

Baschirs politische Gegner frohlocken

Mit einem Friedensabkommen 2005, das mit den Rebellen im Süden geschlossen wurde, überraschte Baschir seine Kritiker. Der frühere Rebellenführer John Garang wurde als Vizepräsident vereidigt. Dem Bürgerkrieg in Darfur setzte Baschir hingegen kein Ende. Seit Februar 2003 kämpfen dort Rebellen gegen regierungstreue Reitermilizen und die sudanesischen Streitkräfte.

300.000 meist unbeteiligte Menschen starben nach Angaben der UNO bereits durch den Krieg und seine Folgen, mehr als zwei Millionen wurden in die Flucht getrieben. Baschirs Regierung spricht hingegen von 10.000 Toten. Auf den Haftbefehl gegen Baschir reagierten die Rebellen hocherfreut. Sie sprachen nach der Entscheidung von einem «großen Tag» für den Sudan und Darfur.

Ärzte ohne Grenzen müssen weg aus Darfur

Seit 1993 steht der Sudan auf der US-Liste jener Länder, die den Terrorismus unterstützen, in den 1990er Jahren konnte Osama bin Laden von dort aus in Ruhe sein Terrornetzwerk aufbauen. Das Blutvergießen in Darfur machte Baschir endgültig zum Paria in der internationalen Gemeinschaft. Zumindest nach außen hin lässt der Haftbefehl den Präsidenten völlig kalt. Bei der Inbetriebnahme eines Stausees erklärte Baschir noch am Dienstag, die Entscheidung der Richter in Den Haag habe für ihn «keinen Wert».

Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) hat kurz vor der Mitteilung des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) die Anweisung erhalten, Mitarbeiter aus der Krisenregion in Darfur im Westen Sudans abzuziehen. Die sudanesische Regierung habe MSF befohlen, «sein gesamtes internationales Personal einer bestimmten Zahl von Programmen im Westen und Süden von Darfur bis spätestens bis zum 4. März herauszuholen», teilte die Organisation auf ihrer Website mit.

Rund 70 Helfer seien am Dienstag abgezogen worden, sagte ein MSF-Sprecher in Paris. Es handelte sich um Ausländer und Sudanesen, die nicht aus Darfur stammten. Die sudanesische Regierung habe erklärt, sie könne die Sicherheit der internationalen MSF-Mitarbeiter mit Blick auf das erwartete Gerichtsurteil nicht garantieren. (afp)

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