Limburg/Kevelaer. Ein edler Flug, ein teures Domizil und viel verloren gegangenes Vertrauen – jetzt fordern die Katholiken von Tebartz-van Elst einen neuen Kurs
Man kann gut mit ihm diskutieren. Zum Beispiel über das Familiensplitting. Oder über die Frage, warum die katholische Kirche weiter vehement gegen die Homo-Ehe wettert, wo doch selbst in der CDU der Widerstand bröckelt. Das sind Themen des Franz-Peter Tebartz-van Elst. Schließlich ist der 53-Jährige der Familienbischof der Deutschen Bischofskonferenz – und in dieser Funktion ein gefragter Mann.
Im Bistum Limburg jedoch scheint dies für den gebürtigen Kevelaerer immer weniger der Fall zu sein. 2008 kam er als Weihbischof aus Münster in das Bistum, zu dem der ländliche Westerwald ebenso gehört wie die Metropole Frankfurt. Von dort weht dem einst jüngsten Diözesanbischof seit dem Wochenende nun ein noch schärferer Wind entgegen als ohnehin schon in den vergangenen Monaten. Beim Fest zu Ehren des Stadtpatrons Bartholomäus stellten katholische Laienvertreter einen offenen Brief vor, in dem sie ihren Bischof „dringend“ bitten, „alles dafür zu tun, dass verloren gegangenes Vertrauen zurückgewonnen werden kann“. Die Bistumsleitung müsse „umgehend einen anderen Weg einschlagen, will sie die katholische Kirche in unserem Bistum und darüber hinaus glaubhaft und glaubwürdig vertreten“. Mittlerweile liegt der Brief im ganzen Bistum aus, 1000 Gläubige sollen schon unterzeichnet haben, heißt es. Zeichen des schwelende Zerwürfnisses zwischen dem Bischof und seinen Gläubigen.
Schaut man auf einzelne Kritikpunkte der vergangenen Monate, mag man sich indes wundern. Da gibt es – bislang – nicht den einen Knackpunkt, der den Bischof unhaltbar machen würde. Eher offenbaren sich Stil- und Kommunikationsprobleme, die in einer Transparenz fordernden Gesellschaft sogar Katholiken sauer aufstoßen. Schließlich zeigt sich die Kirche andernorts mittlerweile durchaus dialogfähig.
Papst als Katalysator für die Kritik
Am heftigsten könnte den Bischof noch die „Flugmeilen-Affäre“ treffen. Beim Versuch, einen Erste-Klasse-Flug nach Indien zu erklären, verstrickte sich Tebartz-van Elst derart in Widersprüche, dass die Staatsanwaltschaft Hamburg nun wegen Meineid-Verdachts gegen ihn ermittelt. Sollte sie Anklage erheben, dürfte Tebartz-van Elst als Oberhirte kaum noch tragbar sein – schließlich verbieten auch die Zehn Gebote die Falsch-Aussage. Bis dahin gilt die Flugmeilen-Affäre als größter PR-GAU im Umfeld Tebartz-van Elsts.
Kritik gab es auch an der jüngst eröffneten Residenz. Der Bau neben dem von der nahen A 3 gut sichtbaren rot-weißen Dom wurde mit mehr als zehn Millionen Euro zwei- bis dreimal teurer als geplant. So wie viele öffentliche Bauten. Was die Katholiken jedoch umtreibt, sind Berichte, nach denen Tebartz-van Elst das noch zu Zeiten seines Vorgängers begonnene Projekt massiv erweitert hat. Schon seine Münsteraner Wohnung trug ob ihres Prunks den Spitznamen „Kronprinzenpalais“. In Limburg prägen nun sogar die Koi-Karpfen im Teich das Image des Bischofs.
„Schon immer ein sehr ehrgeiziger Junge – zielstrebig und verklemmt“
Franz-Peter „war immer schon ein sehr ehrgeiziger Junge – zielstrebig und verklemmt“, erinnerte sich gestern eine frühere Mitschülerin des Kevelaerer Bauernsohns. Einer, der keine dummen Sachen macht. Jahre später habe sie ihn wieder getroffen, als er als Bischof in Twisteden einen Vortrag hielt. „Da hat er mich gesiezt und angesehen, als wollte er sagen: ,Was willst Du denn von mir?’“, erinnert sie sich – ein Gebaren, das aus ihrer Sicht zur aktuellen Kritik der Limburger Katholiken passt.
Dort trauern bis heute viele Tebartz-van Elsts Vorgänger Franz Kamphaus nach. Der vertrat eine liberale Linie und begnügte sich privat mit einer Zweizimmerwohnung. Dass der neue Papst Franziskus Bescheidenheit vorlebt, scheint zudem wie ein Katalysator für die Kritik an Tebartz-van Elst zu wirken.
Auf seinem elterlichen Bauernhof ist mittlerweile ein Labyrinth entstanden
Wie es in Limburg weitergeht, ist offen. Dass der Papst den Bischof abberuft, gilt vorerst als unwahrscheinlich. Tebartz-van Elst seinerseits gelobt Dialog-Bereitschaft. Den offenen Brief habe er wahrgenommen, hieß es gestern in Limburg, und er sei „bereit, ihn entgegenzunehmen“.
Doch ob dies das verloren gegangene Vertrauen zurückbringt? Vorerst wirkt die Situation in Limburg ziemlich aussichtslos. Das passt zumindest zu Tebartz-van Elsts Heimat, wo auf dem elterlichen Bauernhof erst ein Mais-Labyrinth entstand und nun ein ganzer Freizeitpark namens „Irrland“ steht. Nur so lustig wie dort ist es derzeit in Limburg nicht.