Fort Meade/Maryland. . Der US-Soldat Bradley Manning muss für die Weitergabe vertraulicher Dokumente an Wikileaks dreieinhalb Jahrzehnte hinter Gitter. Die Anklage hatte mindestens 60 Jahre Gefängnis und 100.000 Dollar (75.000 Euro) Geldstrafe gefordert, die Verteidiger hingegen nicht mehr als 25 Jahre.

Wenn am 10. Dezember in Oslo der Friedensnobelpreis verliehen wird, könnte Bradley Manning, einer von rund 260 Kandidaten, ihn nicht in Empfang nehmen – selbst wenn er gewönne. Der Ex-Computer-Analytiker der US-Armee (25) ist am Mittwoch von Militärrichterin Denise Lind wegen Spionage und Geheimnisverrat zu 35 Jahren Haft verurteilt und unehrenhaft aus der Armee entlassen worden. Er verliert seinen Rang als Obergefreiter und alle finanziellen Ansprüche.

Dreieinhalb Jahre werden abgezogen, da Manning seit Mai 2010 unter erschwerten Bedingungen (Isolationshaft) im Gefängnis sitzt. In frühestens zehn Jahren kann er um Haftverkürzung oder Begnadigung bitten.

700.000 geheime Dokumente

Manning hatte der Internetplattform Wikileaks unter anderem Dokumente und Videos zugeleitet, die Kriegsverbrechen durch US-Truppen im Irak und in Afghanistan dokumentieren. Zudem kamen durch ihn knapp 700.000 als geheim eingestufte Dokumente an die Öffentlichkeit, die die Kommunikation zwischen US-Botschaften weltweit und dem Außenministerium in Washington betrafen. In den USA spricht man vom größten Geheimnisverrat aller Zeiten.

Das Militärgericht in Fort Meade/Maryland blieb bei seinem Urteil deutlich unter der Forderung der Anklage, die mindestens 60 Jahre gefordert hatte. Hauptmann Joe Morrow betonte, dass Manning die USA „betrogen“ hat. Deshalb habe er verdient, „den Großteil seiner verbleibenden Lebenszeit in Haft zu verbringen“. Ein hohes Strafmaß sei notwendig, um ein „starkes Signal“ an alle Soldaten zu senden, die mit dem Gedanken spielen könnten, auch Geheimnisse weiterzugeben.

Er zeigte Reue

Manning selbst hatte zuletzt Reue gezeigt. An allen Behörden-Instanzen vorbei den Versuch zu unternehmen, die Welt zu verbessern, sei falsch gewesen, sagte er in der vergangenen Woche. Sein Verteidiger David Coombs versuchte, den 25-Jährigen, der zur Tatzeit im Irak mit seiner Homosexualität haderte, als lauteren Idealisten erscheinen zu lassen, der mit der US-Kriegsführung nicht zurechtkam.

„Sein größtes Verbrechen war, dass ihn das Sterben, das er sah, betroffen machte“, sagte Coombs und bekräftigte, dass Mannings Tat nicht den Schaden angerichtet habe, den die Anklage ins Feld führt. Der Armee machte der Anwalt den Vorwurf, einen psychisch labilen Mann im Irak in eine Extrem-Situation gebracht zu haben.

Der Angeklagte gab keinen Kommentar ab. Seine Anhänger im Gerichtssaal riefen: „Bradley, wir lieben Dich, wir kämpfen weiter für Dich.“ Der Fall geht nun automatisch an die interne Berufungsinstanz des Militärs, den „Army Court of Criminal Appeals“.