Sechs Wochen vor der Wahl ergibt sich ein seltsames Stimmungsbild: Die Kanzlerin will nicht über Politik streiten, die SPD ist sich selbst genug. Es gibt keine Wechselstimmung, die Krise ist weit weg. Indes, es ist eine paradoxe Ruhe.

Es sind noch sechs Wochen bis zur Wahl. Politisch geht es relativ ruhig zu. Die Spähaffäre ist die Ausnahme. Sie treibt aber mehr die Medien als die Menschen um. Am Ende wird es über den SPD-Wahlkampf heißen: Sie ritt einen toten Gaul. Die CDU sattelt gar kein Pferd.

Man muss sich um die Wahlbeteiligung sorgen. Bis in die 80er Jahre betrug sie 90 Prozent. Dann wurde die 80-Prozent-Marke geknackt. Vor vier Jahren lag sie knapp über 70 Prozent. Es gibt einen hohen Anteil der Politik entfremdeter Bürger. Die AfD spekuliert darauf und die SPD will sie abholen, daher die „Hausbesuche“, ihr Versuch eines Wahlkampfs von unten. Aber ein Konzept, um sie für die Politik zu motivieren, hat keine Partei.

Angela Merkel raubt es nicht den Schlaf. Wo ist das Problem? Es gibt keine Wechselstimmung, die Krise ist weit weg. Die Kanzlerin hat ihren Amtsbonus, dazu einen Vorsprung bei den Frauen. Wenn sie das TV-Duell mit SPD-Herausforderer Peer Steinbrück unfallfrei übersteht, sollte es für vier weitere Jahre reichen.

Indes, es ist eine paradoxe Ruhe. Es gibt verstörende Nachrichten. Da ist die Studie der Bundesbank, wonach Griechenland schon 2014 neue Hilfen braucht. Gar ein Schuldenschnitt? Was dann? Die SPD wird Merkel kaum Antworten darauf entlocken. Sie ist gedanklich weiter, ganze zwei Tage. Ihr Chef will für den 24. September zu einem „Konvent“ einladen. Ginge Sigmar Gabriel von einem Sieg aus, würde die Eile keinen Sinn machen; die Aufstellung wäre klar. Sinn macht ein rascher Konvent aber in einem Machtvakuum: Wenn Steinbrück verliert und aufhört, wenn die Schuldfrage sich aufdrängt, die Handlungsoptionen unklar sind und die Fraktion in Berlin noch kopflos ist.

Gabriel festigt seine Macht. Und wenn er seine Basis im Affekt über alle SPD-Optionen befragt, ist Rot-Rot-Grün realistischer als eine große Koalition. Wie im falschen Film soll sich der bisherige Fraktionschef Steinmeier fühlen. Den Showdown wird es geben. Nur nicht mit Merkel. Ein seltsames Stimmungsbild: Die Kanzlerin will nicht über Politik streiten, die SPD ist sich selbst genug. Bleibt es so, dann geht am Wahlabend nur ein Grafikbalken nach oben: Der Anteil der Nichtwähler.