Rom. . Nach der Verurteilung des Ex-Premiers Silvio Berlusconi tobt in Italien ein Machtkampf. Die Regierung hängt am seidenen Faden. In seiner Partei, der PDL, wird unterdessen die Idee einer “Erbmonarchie“ der Berlusconis zunehmend populär.

Nach dem Urteil gegen Ex-Premier Silvio Berlusconi nehmen in Italien die politischen Spannungen zu. So drohte Sandro Bondi, Koordinator der Berlusconi-Partei „Volk der Freiheit“ (PDL), am Wochenende mit „Bürgerkrieg“, sollte keine politische Lösung gefunden werden, „die dem Anführer von Italiens größter Partei seine Handlungsfähigkeit zurückgibt“.

Berlusconi war vorige Woche vom höchsten italienischen Gericht wegen systematischen Steuerbetrugs zu vier Jahren Haft verurteilt worden; er büßt damit auch sein Abgeordnetenmandat im Senat ein und darf bei Neuwahlen nicht kandidieren.

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Permanenter Protest-Posten soll für Druck sorgen

Zwar bezog Bondi für seine „unverantwortlichen Äußerungen“ sofort eine Rüge aus dem Amt von Staatspräsident Giorgio Napolitano; Bondi konterte jedoch sofort, er lasse sich „den Mund von niemandem verbieten“. In den nächsten Tagen wollen die Fraktionschefs der PDL in Senat und Abgeordnetenhaus, Renato Schifani und Renato Brunetta, den Staatspräsidenten vor die Alternative stellen, entweder er begnadige Berlusconi, oder dessen Abgeordneten würden „in Massen zurücktreten“.

Dies hätte ein Ende der Regierung und Neuwahlen zur Folge. Vor dem Quirinalpalast des Präsidenten will die PDL auch einen permanenten Protest-Posten einrichten, um den Druck auf Napolitano zu verstärken.

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Nach der Verurteilung von Italiens Ex-Premierminister Silvio Berlusconi setzen seine Gefolgsleute die Politik unter Druck.
Von Walter Bau

Eine "Erbmonarchie" der Berlusconi-Dynastie?

Genau davor warnt Ministerpräsident Enrico Letta. Der Sozialdemokrat, der an der Spitze der Regierung der Großen Koalition steht, sprach von einer „ungebührlichen und erpresserischen“ Attacke auf den Staatschef. Er werde sich „mit großer Aufmerksamkeit die Töne und die Reden bei der Demonstration des PDL“ anhören, sagte Letta und drohte mit seinem Rücktritt.

In der PDL gibt es neuen Auftrieb für die Idee, eine „Erbmonarchie“ zu installieren: Berlusconis Tochter, Marina (47) wird zunehmend als künftige Anführerin der Partei aufgebaut. Versuche dieser Art gibt es schon oft; sie stießen in der PDL aber bisher auf Widerstand. Auch Marina Berlusconi selbst hatte entsprechende Spekulationen zurückgewiesen. Das Verbot für ihren Vater, bei den nächsten Wahlen zu kandidieren, ändern nach Ansicht vieler aber die Lage.

Einladung aus Lampedusa für Berlusconi

Marina Berlusconi leitet das größte Verlagshaus in Italien, Mondadori, und sitzt in praktisch allen Spitzengremien des familieneigenen Medienkonzerns. Sie ist die einzige Italienerin, die es in der „Forbes“-Rangliste unter die 50 wichtigsten Frauen der Welt schaffte.

Berlusconi selbst erhielt am Wochenende ein besondere Einladung – aus Lampedusa. Bewohner der als Anlaufstelle fürs Bootsflüchtlinge aus Nordafrika bekannten Insel wollen Berlusconi dazu bewegen, seinen einjährigen Hausarrest nach dem Urteil bei ihnen zu verbringen.

In seiner Zeit als Ministerpräsident hatte sich Berlusconi „aus persönlicher Solidarität mit den geplagten Inselbewohnern“ auf Lampedusa eine Villa gekauft, dort aber bisher keinen einzigen Tag zugebracht. „Das Haus ist bereit, wir warten“, heißt es nun aus Lampedusa.