Harare. .
Simbabwe stimmt heute nach einem weitgehend friedlichen Wahlkampf über das neue Parlament und den künftigen Präsidenten ab. Angesichts der Angst vieler Simbabwer ist das eine Überraschung. Denn Präsident Robert Mugabe, der seit 1980 das Land mit eiserner Hand regiert, ist ein gefürchteter Mann. Opposition und Bürgerrechtler klagen seit Jahren über Mugabes Männer in Staat und Partei, die mit Schikanen und Brutalität gegen Andersdenkende vorgehen.
Fast zwei Drittel der Bürger meinten bei einer Umfrage der liberalen Bürgerrechtsorganisation „Freedom House“ (Washington) 2012, dass Wähler massiv „mit Gewalt und Einschüchterung“ beeinflusst werden. Menschenrechtsorganisationen berichteten zwar auch diesmal von beunruhigenden Vorfällen. „Aber deutlich weniger als bei der Wahl 2008“, gab auch Amnesty International zu. Damals waren mehr als 200 Menschen bei politisch motivierten Gewalttaten gestorben.
Aus der Kornkammer Afrikasist ein Armenhaus geworden
Der 89-jährige Mugabe geht mit breiter Brust in die Wahl: „Wir werden einen überragenden Sieg feiern“, versprach der wohl älteste Präsidentschaftskandidat der Geschichte seinen jubelnden Anhängern der Partei Zanu-PF. Mugabes Siegeszuversicht speist sich kaum aus politischen Erfolgen. Seit 33 Jahren dominiert er Simbabwe. Die brutale Vertreibung von 4000 weißen Farmern und eine Politik der Nationalisierung brachten seit 2000 einen rasanten ökonomischen Niedergang. Aus der einstigen „Kornkammer Afrikas“ wurde ein Armenhaus. 1,8 Millionen Menschen sind auf internationale Lebensmittelhilfe angewiesen. Simbabwe gehört laut „Transparency International“ zu den korruptesten Ländern der Welt.
2008 hatten nach Chaos und blutigem Wahlkampf die Staaten des südlichen Afrika (SADC) eine „Regierung der nationalen Einheit“ durchgesetzt. Der erst gelang nach Krise und Hyperinflation vor allem mit der Einführung des US-Dollars als wichtigste Währung eine bescheidene wirtschaftliche Konsolidierung.
Bis auf China sind Mugabe kaum Freunde geblieben. Selbst den einflussreichen Nachbarn Südafrika beschimpft er. Weil Pretoria faire Wahlen anmahnte, bezeichnete Mugabe Südafrikas Spitzendiplomatin Lindiwe Zulu als „dumme, idiotische Frau“ und „Straßenmädchen“. Die US-Regierung nannte er „geisteskrank“ – weil auch sie vor Betrug und Gewalt bei den Wahlen warnte. Mugabe ist optimistisch, weil ihn noch immer viele als „antiimperialistischen Kämpfer“ verehren. Zudem wird eine Manipulation der Wahl befürchtet. Etwa eine Million der 6,4 Millionen registrierten Wähler seien tot oder hätten das Land verlassen, kritisierte die Bürgerrechtsorganisation RAU. Dafür fehlten zwei Millionen Wahlberechtigte unter 30 Jahren. Simbabwe habe laut Wahlliste mehr als 100 000 Menschen, die älter als 100 Jahre alt seien – „absurd“, so die Opposition.
Premierminister Morgan Tsvangirai, der Mugabe nun zum dritten Mal herausfordert, kritisiert und klagt – aber die Fäden hat der Präsident in der Hand. Während Mugabe 2008 gegen den Ex-Gewerkschaftsführer nur mit Wahlbetrug und Gewalt den Machtwechsel verhindern konnte, scheinen Tsvangirai und seine Partei MDC heute geschwächt. Der MDC-Chef beschwor am Montag vor Zehntausenden Anhängern in Harare zwar „den demokratischen Wandel“, der jetzt anstehe. Aber er muss mehr auf den Überdruss der Bürger an Mugabe und ihren Frust angesichts der Massenarbeitslosigkeit hoffen.
Tsvangirai hat dasVertrauen im Land verloren
Tsvangirai scheint im Land an Vertrauen verloren zu haben. „Die fühlen sich sichtlich wohl in den Sesseln der Macht“, meinte ein westlicher Spitzendiplomat über die MDC-Spitze. Auch Sex-Skandale haben das Ansehen des 61-Jährigen lädiert. Die gleichgeschalteten Staatsmedien stürzten sich begierig auf das Thema.