Rio de Janeiro. .

Der Papst hat die ­katholische Jugend der Welt am Zuckerhut im Sturm erobert. Wo immer Franziskus während des Weltjugendtags in Brasilien auch hinkam, flogen ihm die Herzen zu. „Viva Papa!“ riefen die Menschen auf Rios legendärer Copacabana.

Der Argentinier winkte, segnete, umarmte und küsste. Er ging zu den Jungen und Alten, den Armen und Kranken und dann auch zu den Mächtigen. Wohl keiner hat das Weltjugendtags-Motto so lebhaft, strahlend und humorvoll ­erfüllt wie Franziskus: „Geht hin und macht zu Jüngern alle Völker der Erde.“ Mission erfüllt, so lautet das Fazit seiner ersten Auslands­reise als Chef der Kirche.

Auch bei der großen Schluss­messe am Copacabana-Strand machte der Argentinier vor Millionen jungen Gläubigen klar, wie sehr er und die Kirche mit Aufbruchstimmung durch neue Generationen rechnet. Und er lüftete ein Geheimnis, das alle wissen ­wollten: Krakau in Polen ist 2016 Schauplatz für ihr nächstes Rendezvous. Krakau ist die Heimat von Papst Johannes Paul II. (1978-2005), der voraussichtlich noch in diesem Jahr heiliggesprochen wird.

Bei dem Gottesdienst am Sandstrand forderte Franziskus die Christen zu einem engagierten Einsatz für die Verkündigung auf: ­„Jesus hat nicht gesagt: Wenn ihr wollt, wenn ihr Zeit habt“, sagte er. Es gebe keine Grenzen und keine Beschränkungen bei der Weiter­gabe des Glaubens. „Das Evan­gelium ist für alle und nicht für einige.“ Es richte sich nicht nur an diejenigen, „die uns näher, aufnahmefähiger, empfänglicher erscheinen“, sondern müsse bis in die „existenziellen Randgebiete“ getragen werden – auch zu denen, die am gleichgültigsten erschienen.

Neben der brasilianischen Präsidentin Dilma Rousseff nahmen auch ihre Amtskollegen aus Argentinien und Bolivien, Cristina ­Fernández de Kirchner und Evo Morales, an der Messe teil.

Auf der Fahrt im offenen Jeep durch die versammelte Menschenmenge begrüßte Franziskus bei strahlendem Sonnenschein nach den Regentagen der vergangenen Woche viele Anwesende persönlich. Dabei trank er auch aus einem Becher mit einem Strohhalm, den ihm ein Pilger über die Sicherheitsabsperrung reichte.

Ruhrbischof: Die Kirchemuss bei den Armen sein

Der Oberhirte von weltweit 1,2 Milliarden Katholiken nutzte das Glaubensfest in Rio de Janeiro ­gezielt, um seiner in den letzten Jahren von Skandalen heim­gesuchten Kirche neuen Schwung zu geben – und Mut. Vor allem in Europa hat sie mit Priestermangel und oftmals ­nahezu leeren Gotteshäusern zu kämpfen. Dieser Papst aus dem Süden, der auch in Rio ­etwas antiquiert klingende Begriffe wie „Teufel“ und „Sünde“ nicht scheute und die lateinische Sprache nicht mied, weiß, auf wen er setzen muss: Die Jugend, die aus allen Kontinenten nach Rio gereist war. Und auch die kommt vor allem aus dem Süden.

Die Brasilien-Reise des Papstes habe deutlich gemacht, dass die Kirche nahe bei den Menschen sei, betonte der Essener Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck, der als Vorsitzender der bischöflichen Kommission Adveniat für Lateiname­rika zuständig ist: „Mit seinem ­Besuch in der Favela und der Eröffnung einer Klinik für Drogensüchtige hat uns Franziskus gezeigt, dass die Kirche bei den Armen und Ausgeschlossenen sein muss.“ Trotz Wirtschaftswachstums sei die Zahl der Armen in Lateinamerika nicht zurückgegangen, sagte Overbeck.