Essen.. Vielleicht darf er bald die Hölle verlassen und ins Fegefeuer des Strafgesetzbuches. Möglicherweise kommt Bayern-Boss Uli Hoeneß mit einer Bewährungsstrafe für seine Steuervergehen davon. Bei einem kurzen Prozess würden allerdings viele Fragen offen bleiben.

„Am 20. März änderte sich mein Leben, morgens um sieben. Da läutete es an der Tür in meinem Haus am Tegernsee, ich im Bademantel, da stand die Staatsanwaltschaft vor der Tür. Da begann die Hölle für mich“. So hat sich Uli Hoeneß in einem „Zeit“-Interview an den Moment erinnert, in dem ihn die Steueraffäre einholte.

Die Bewährung

Vielleicht darf er bald die Hölle verlassen und ins Fegefeuer des Strafgesetzbuches. Dort verhängt man Haftstrafen, die nicht angetreten werden müssen: die „auf Bewährung“. Der „Spiegel“ will von der Absicht der Staatsanwaltschaft erfahren haben, den Präsidenten des FC Bayern anzuklagen - aber nicht wegen der Hinterziehung von 3,2 Millionen Euro, sondern von nur 900 000. Es ist die Summe, die knapp am Gefängnis vorbeiführt. Noch im August soll der Prozess nahe des Wohnortes des Präsidenten am Landgericht in Miesbach laufen.

Das Wut-Urteil

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Der Durchschnittssteuerzahler reagiert wenig gnädig auf so viel Gnade. Trifft die Information über den Ablauf des Verfahrens ins Schwarze, stellt sich eine Reihe kritischer Fragen.

Im Dezember 2008 hatte der Bundesgerichtshof unter dem Aktenzeichen 1StR 416/08 festgelegt, schon ab einer Million Euro sei Haft wegen Steuerhinterziehung auch zu vollziehen. Es war eine Art „Wut-Urteil“ der obersten Richter. Ein Weckruf. Denn Gerichte gingen damals mit Steuersündern milde um. Postchef Klaus Zumwinkel war ohne Freiheitsstrafe davongekommen. Tennisprofi Boris Becker erhielt für 1,6 Millionen hinterzogene Euro Bewährung.

Schreiben die Münchener Staatsanwälte tatsächlich die 900 000 als hinterzogenen Betrag in die Anklageschrift, also eine Summe unter der Million, müssen sie die Hinterziehung von 2,3 Millionen Euro für verjährt halten. Geht so etwas? Ist die genannte Zahl nicht irgendwie Willkür?

Steuerdelikte sind in der Regel nach fünf Jahren nicht mehr strafbar. Die Grenze ist umstritten, aber die SPD ist gerade erst damit gescheitert, eine zehnjährige Verjährung ins Gesetzbuch zu schreiben. Und im Fall Hoeneß ist es möglich, dass ein Großteil der Steuersünde wirklich vor 2008 begangen worden ist.

Der Zocker

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Was hat Uli Hoeneß getan? Er selbst erzählt die Geschichte so: Von 2002 bis 2006 habe er an der Börse „richtig gezockt“. Pures Adrenalin sei das für ihn gewesen. Nachts habe er spekuliert. Das alles passierte mit 20 Millionen ­D-Mark, die bei der Zürcher Bank Vontobel lagen und die von seinem alten Freund, dem damaligen Adidas-Chef Louis-Dreyfus gestammt hätten: fünf Millionen D-Mark in bar. Für weitere 15 Millionen habe Dreyfus eine Bürgschaft übernommen. Nach einiger Zeit habe er, Hoeneß, das Geld an Dreyfus zurück überwiesen. Die Steuer auf die Gewinne der Zockerei unterschlug er dem deutschen Fiskus.

Der Zeuge

Hoeneß, der erfolgreich Fleisch produziert und den auch finanziell erfolgreichen Meisterclub führt, ein Zocker? Er sei „nahe dran“ an der Sucht gewesen, sagt er. Doch für das alles gibt es nur einen Zeugen: Hoeneß selbst. Gönner Louis-Dreyfus ist nach einer Krebskrankheit gestorben. Hoeneß’ Name taucht auf keiner von deutschen Behörden gekauften Steuer-CD auf. Die Bank schweigt. Ob das Gericht beim vorliegenden Geständnis des Angeklagten, nämlich seine inzwischen nachgereichte Selbstanzeige, den Sachverhalt aufrollt, ist fraglich.

Die Fragen

Der Fall bleibt bundesweit ein Thema: in Stadien. An Theken. Auch Steuerfahnder diskutieren mit. Beim Bier ­stellen sie Fragen. Zum Beispiel: Wer 3,2 Millionen Euro hinterziehe, der müsse einen mehrfachen Gewinn gemacht haben. Könne das - beim Einsatz von umgerechnet zehn Millionen Euro - in so kurzer Frist sein? Gestehe ­Hoeneß nicht noch hohe Verluste ein? Was sei mit jener Meldung, die der „Stern“ am 16. Januar verbreitet habe: dass nämlich ein „Spitzenvertreter der deutschen Fußball-Bundesliga ein ­Vermögen in dreistelliger Millionenhöhe“ auf einem Schweizer Nummernkonto der Privatbank Vontobel versteckt habe? Eine Ziffer zu viel? Oder insgesamt Geld, das anderen gehört? Der Manager, den viele „ehrlich“ nennen, bestreitet alle Verbindungen zum FC Bayern: „Das Konto war allein Uli Hoeneß’“.