Düsseldorf. Der Protest hat seine Wirkung verfehlt: SPD und Grüne haben das umstrittene Gesetz zur Beamtenbesoldung durchgesetzt. Die überstimmte Opposition will dagegen klagen. Hunderte Beamte haben vor dem Düsseldorfer Landtag gegen die Sparmaßnahmen bei ihrer Besoldungsanpassung protestiert.

Trotz anhaltender Proteste hat der nordrhein-westfälische Landtag am Mittwoch mit rot-grüner Mehrheit ein umstrittenes Gesetz zur Beamtenbesoldung verabschiedet. Damit werden die im März ausgehandelten neuen Tarife für die Angestellten des Öffentlichen Dienstes in Nordrhein-Westfalen nur auf die unteren Beamtenbesoldungsgruppen übertragen. Für mittlere Gruppen sind bloß leichte Erhöhungen vorgesehen, für höhere Beamte zwei Nullrunden. CDU, FDP und Piraten stimmten dagegen. Die Opposition will die ungleiche Anpassung vom Landesverfassungsgericht überprüfen lassen. Angestellte erhalten 2013 und 2014 insgesamt 5,6 Prozent mehr Geld.

Beamte hängen ihr "letztes Hemd" auf

Vor dem Landtag demonstrierten Hunderte Beamte gegen das Gesetz. Zwischen Landtag und Staatskanzlei hängten sie auf einer 1000 Meter langen Wäscheleine symbolisch ihr "letztes Hemd" auf. Mehrere Gewerkschaften wollen ihre Mitglieder bei Klagen unterstützen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund will sich mit der Landesregierung auf Musterklagen verständigen. Die Vereinigung der Verwaltungsrichter bereitet bereits einen Text vor.

Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) verteidigte das Gesetz: "Angesichts der von der Verfassung gebotenen Schuldenbremse wäre die vollständige Übertragung des Tarifabschlusses für die Angestellten nicht finanzierbar." Außerdem wolle die rot-grüne Regierung die "Gerechtigkeitslücke" vor allem zwischen den Einkünften höherer Beamter und Tarifbeschäftigter verkleinern.

Nach der Anpassung werde ein Regierungsrat dann nur noch knapp 10 statt 15,5 Prozent mehr verdienen als ein vergleichbarer Tarifangestellter. Dennoch blieben die von der Verfassung geforderten Abstände und eine amtsangemessene Lebensführung gewährleistet.

Die Opposition warf der Regierung erneut vor, ihr Gesetz ohne Rücksprache mit den Beamtenvertretungen durchgepeitscht zu haben. "Das war ein Basta-Beschluss im Kabinett", kritisierte CDU-Fraktionschef Karl-Josef Laumann. "Dass Sie als SPD-Vorsitzende nicht mal mit Arbeitnehmervertretern über ihre Löhne sprechen, macht deutlich, dass Sie die Arroganz der Macht erreicht haben", warf er Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) vor.

Ähnlich äußerten sich FDP und Piraten. Rot-Grün mache die Lehrer und Polizeibeamten in NRW zu den mit am schlechtesten bezahlten der Republik, kritisierte FDP-Fraktionschef Christian Lindner. SPD und Grüne warfen CDU und FDP dagegen vor, Stellenabbau und Einsparungen im Haushalt zu fordern, aber nicht konkret zu sagen, wo. "Sagen Sie den Beamten mit Kindern bitte auch direkt, was Sie Ihnen über Kindergartenbeiträge und Studiengebühren wieder aus der Tasche ziehen wollen", forderte der Finanzminister Lindner auf. Die Landesregierung wolle keinen massenhaften Personalabbau mit empfindlicher Schwächung des öffentlichen Dienstes.

NRW-Regierung will Neuverschuldung um eine Milliarde absenken

Die nordrhein-westfälische Landesregierung will den Umfang der Neuverschuldung im kommenden Jahr deutlich absenken. Der vom Landeskabinett beschlossene Haushaltsentwurf für 2014 sieht 2,4 Milliarden Euro neue Kredite vor. In diesem Jahr liegt die Neuverschuldung um eine Milliarde höher. In Bildung, Kinderbetreuung und in die Kommunen werde aber weiter investiert, sagte Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) am Mittwoch in Düsseldorf.

NRW rechnet mit höheren Steuereinnahmen. Es sollen aber auch quer durch die Ressorts 865 Millionen Euro und rund 2300 Stellen eingespart werden.

Ende 2012 lag der Gesamtschuldenstand des Landes bei rund 131 Milliarden Euro. Rekordeinnahmen stünden aufgrund steigender Kosten stets Rekordausgaben gegenüber, betonte Walter-Borjans. Im nächsten Jahr soll der Etat um 2,3 Milliarden auf 62,3 Milliarden Euro anwachsen.

Pleite der Landesbank könnte Steuerzahler bis zu 18 Milliarden Euro kosten

Der Großteil der anvisierten Stelleneinsparung errechne sich aus der Rückkehr von Lehrern zur gesetzlichen Arbeitszeit, die zwischen 1997 und 2004 eine Wochenstunde Mehrarbeit leisten mussten. Dies sei inzwischen kompensiert, wodurch 1150 Stellen wegfallen könnten, sagte Walter-Borjans. Weitere 229 Stellen könnten an Berufskollegs durch den Abbau von Warteschleifen und schnelleren Einstieg in die Ausbildung eingespart werden. Auch rückläufige Bevölkerungszahlen schafften Spielräume für Personalabbau.

Finanzminister Walter-Borjans will sparen.
Finanzminister Walter-Borjans will sparen. © dpa | Unbekannt

Beim Kürzen der Stellenzahl um rund 2300 auf fast 284 600 Landesposten seien 570 neue Stellen bereits gegengerechnet, erläuterte der Minister. Fast die Hälfte verursache aber keine Mehrbelastung im Haushalt, weil sie sich durch Gebühren oder zusätzliche Einnahmen selbst finanzierten.

Altgarantien für den WestLB-Umbau oder eine Rücklage für den Fall, dass die Anpassung der Beamtenbesoldung erfolgreich vor dem Verfassungsgericht beklagt werde, müssten nicht in den Haushalt eingestellt werden, sagte der Minister. Beides sei als konkrete Belastung für 2014 nicht absehbar. Für die WestLB gebe es aber keine Entwarnung. "Irgendwann wird das kommen." Das Finanz-Debakel um die vor einem Jahr abgewickelte Landesbank könnte Steuerzahler und Sparkassen bis zu 18 Milliarden Euro kosten. (dpa)