Düsseldorf. .
Lehrer und Polizisten drohen mit Tausenden Verfassungsklagen gegen das von der rot-grünen Koalition geplante „Sonderopfer“ für Beamte. Die angekündigte doppelte Nullrunde für Beamte ab Besoldungsgruppe A 13 ist nach einem Gutachten des Rechtswissenschaftlers Ulrich Battis verfassungswidrig. Battis bezeichnete die Gesetzespläne als „willkürlich“. Zudem sei es „nicht Aufgabe der Lehrer, das Finanzdesaster bei der WestLB auszugleichen“.
Die Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaften (GEW), Dorothea Schäfer, rechnete vor, dass 80 000 Lehrern in Nordrhein-Westfalen 2013 und 2014 Nullrunden drohten und weitere 50 000 Pädagogen (Besoldungsgruppe A 11 und A 12) mit jeweils ein Prozent Besoldungserhöhung unterhalb der Inflationsrate blieben. Die GEW bereitet eine große Klageaktion vor, falls der Landtag in der nächsten Woche das Besoldungsgesetz verabschieden sollte. Bisher zeichnet sich keine Parlamentsmehrheit für eine beschleunigte Normenkontrollklage ab: Bei Klagen einzelner Beamter dauert der Rechtsweg aber mehrere Jahre.
Professor Battis sprach offen von „Rechtsbruch“, weil die Regierung als Dienstherr die Treuepflicht gegenüber den Beamten verletze, indem sie ohne stichhaltige Begründung ab A 13 keine Besoldungserhöhung vornehme. „Sollte der Landtag der Regierung folgen, wird es eine Fülle von Prozessen geben.“ Dabei sah Battis durchaus Gestaltungsspielraum für die Koalition und verlangte keine 1:1- Anpassung des Abschlusses auf höhere Besoldungsgruppen. Dass eine einzelne Beamtengruppe aber völlig von der Erhöhung ausgeklammert werde, sei nicht vertretbar. Battis sah gute Chancen, dass Musterklagen von Beamten erfolgreich sein werden. Ob das Land nach einer verlorenen Klage in einigen Jahren Besoldungen rückwirkend anheben müsse, blieb allerdings offen. In einem vergleichbaren Fall habe das Bundesverfassungsgericht gegen eine rückwirkende Erhöhung entschieden, sagte Battis.
Das 18-seitige Thesenpapier, mit dem NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) die Besoldungspläne vor Tagen nachträglich juristisch wasserdicht machen wollte, hielt Battis für nicht relevant. Das Papier befasse sich vor allem mit der Frage, ob die Besoldung der Beamten zu hoch sei. Hier gehe es aber um die verfassungswidrige Ungleichbehandlung von Beamten.
Plickert kritisiert Gehaltseinbußen
Der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Arnold Plickert, kritisierte, dass 54 Prozent der 40 000 Polizeibeamten in NRW Gehaltseinbußen hinnehmen müssten – 2200 Polizisten erreichen mindestens die Besoldungsgruppe A 13. Die SPD-Abgeordnete Heike Gebhard blieb hart und sah alle Kritikpunkte von Battis widerlegt. In der kommenden Woche will Rot-Grün deshalb die umstrittenen Pläne zur Beamtenbesoldung im Landtag beschließen.