Kairo. . Bei den Massenprotesten von Islamisten gegen den Sturz von Präsident Mursi hat die Armee vermutlich drei Demonstranten erschossen. Zehntausende gingen nach dem Mittagsgebet in Kairo und anderen Städten auf die Straße.

Ägypten steht vor einer neuen Welle der Gewalt. Vor dem Hauptquartier der Republikanischen Garden in Kairo, die für den Schutz von Mohammed Mursi zuständig waren, ist es am Freitag zu Schusswechseln gekommen zwischen Elitesoldaten und Anhängern des gestürzten Präsidenten. „Ihr seid Verräter“, rief die aufgebrachte Menge. Nach ersten Meldungen wurden mindestens drei Menschen getötet und zahlreiche verletzt.

Im ganzen Land demonstrierten Zehntausende Muslimbrüder nach den Freitagsgebeten gegen den Putsch des Militärs. „Möge Allah Mursi zurück an die Macht bringen“, rief der Prediger der Rabaa al-Adawiya-Moschee in Nasr City der Menge zu, wo die Islamisten weiterhin zu Tausenden campieren.

Gegenkundgebungen der Islamisten

Der Militärputsch dürfe nicht hingenommen werden, hieß es in dem Aufruf der Mursi-Anhänger für ihren sogenannten „Freitag der Ablehnung“. Sie kündigten an, in den nächsten Tagen mit einer Kampagne des zivilen Ungehorsams große Verkehrsstraßen in Kairo zu blockieren.

Die Führung der „Nationalen Rettungsfront“, des Dachverbandes der Opposition, rief ihre Anhänger zu einer Gegenkundgebung auf den Tahrir-Platz auf unter dem Motto „Rettet die Revolution vom 30. Juni“. Die Armeeführung ließ Hubschrauber mit untergehängten Nationalflaggen über der ägyptischen Hauptstadt kreisen.

Verhaftungswelle der Militärs

Auf dem Sinai griffen Bewaffnete fünf Armeekontrollpunkte mit Gewehren und Panzerfäusten an. Ein Soldat wurde nahe dem Grenzübergang Rafah zum Gazastreifen getötet, drei weitere verletzt, so ägyptische Sicherheitskreise. Beschossen wurde auch der Flughafen von El-Arish im Norden der Halbinsel.

Die Verhaftungswelle des Militärs gegen führende Mitglieder der Muslimbruderschaft ging auch am Freitag weiter. Nach Angaben aus Justizkreisen soll Präsident Mursi bereits nächste Woche vor dem Untersuchungsrichter erscheinen. Ihm wird „Beleidigung der Justiz“ vorgeworfen. Die Vereinigten Staaten und die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, forderten das Militär zur Zurückhaltung auf. „Es darf keine Gewalt mehr geben, keine willkürlichen Verhaftungen, keine illegalen Vergeltungsakte“, sagte Pillay.

Ruhe bewahren

In einer in der Nacht zum Freitag verbreiteten Erklärung rief der Oberste Militärrat die Ägypter auf, Ruhe zu bewahren und ihr Recht auf Demonstrationen nicht zu übertreiben. Man werde keine Racheakte und Angriffe auf Parteibüros oder öffentliche Gebäude dulden. Die Muslimbruderschaft rief ihre Mitglieder auf, keine Gewalttaten anzuzetteln und friedlich zu demonstrieren.

Friedensnobelpreisträger Mohammed El Baradei, der als künftiger Übergangspremier gehandelt wird, rechtfertigte das Eingreifen des Militärs. Die Alternative wäre Bürgerkrieg gewesen, sagte er.