Berlin. .
Die Datenspionage des US-Geheimdienstes NSA in Deutschland und der EU wird zu einer ernsthaften Belastung der deutsch-amerikanischen Beziehungen. „Abhören von Freunden, das ist inakzeptabel“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag. „Wir sind nicht mehr im Kalten Krieg.“ Die Bundesregierung übermittelte der US-Regierung ihr „Befremden“ und verlangte „vollständige Aufklärung“, Kanzlerin Merkel wollte sich telefonisch bei US-Präsident Obama beschweren.
Die ungewöhnlich harschen Töne, mit denen die Regierung ihre bisher diplomatische Linie verlässt, sind eine Reaktion auf neue Berichte über das US-Ausspähprogramm: Danach werden Einrichtungen der EU und einzelner EU-Länder in Brüssel, Washington und New York sogar mit Wanzen abgehört oder deren Computernetzwerke infiltriert.
Regierungsvertreter in Berlin äußern sich schockiert: „Es ist offenkundig, dass es dabei nicht um Terrorabwehr, sondern um Regierungs- und wahrscheinlich auch um Wirtschaftsspionage geht“, hieß es. Offenbar schließt die Regierung nicht mehr aus, dass sie selbst Ziel von amerikanischen Spähaktionen ist: Das Innenministerium berichtete, der Schutz der eigenen Regierungskommunikation über besonderes abgesicherte Netze werde jetzt überprüft. Auch das Auswärtige Amt will den Schutz seiner Botschaften prüfen. Bundespräsident Joachim Gauck äußerte sich besorgt.
Auf zahlreichen Kanälen versuchte die Bundesregierung ein gemeinsames Vorgehen der EU abzustimmen. Selbst Bundesinnenminister Friedrich (CSU) forderte eine Entschuldigung der Amerikaner – sollten sich die Berichte bestätigen. Die Regierung droht den USA kaum verhüllt mit Folgen für das geplante transatlantische Freihandelsabkommen. Es sei „Vertrauen zerstört“, das erst wieder hergestellt werden müsse, so Merkels Sprecher.
Die Regierung hatte sich lange eher zurückhaltend über das Ausspähprogramm geäußert, es wabert der Vorwurf, deutsche Geheimdienste seien über die Spionagepraxis informiert. SPD-Chef Gabriel warf Merkel vor, sie habe von der Überwachungspraxis amerikanischer und britischer Dienste in Deutschland gewusst. Die Kanzlerin wies den Vorwurf entschieden zurück.