Essen. . Stefan (20) aus Essen berichtet von seinen Erfahrungen beim freiwilligen Wehrdient. Er glaubt, dass er noch nicht reif war für die Bundeswehr. Seinen richtigen Namen möchte er nicht preisgeben.

Ich hatte mich für zwölf Monate bei der Marine beworben. Am 4. Oktober 2011 trat ich motiviert meinen Dienst an. Ich wusste ja, dass man dort früh aufstehen muss, dass man auch mal angeschrien wird und dass die Grundausbildung hart werden würde. Aber ich war nicht darauf vorbereitet, dass wir, sobald wir aus dem Bus ausstiegen, mit aller Härte empfangen wurden. Da kommt am ersten Tag so ein „Bär“ und scheißt dich an. Der wollte das Signal setzen: Ihr seid jetzt nicht mehr bei Mutti. Kein Fehler wurde verziehen. Wenn einer was falsch machte, wurden alle angeschrien. Der kollektive Anschiss hat mich gestört.

Einer der Ausbilder war richtig böse. Er hatte Sprüche drauf wie „Sind Sie dement?“ oder „Sie haben was verloren – an Geschwindigkeit“. Die Ausbilder haben uns mal drei Stunden in Grundstellung stehen lassen. Wir durften nicht reden und uns nicht bewegen. Aber keiner hat uns erklärt, warum.

Wir hörten auch ständig: „Sie können hier jederzeit raus.“ Auf den Fluren lagen Blanko-Formulare bereit zur Abmeldung. Ich hatte nicht das Gefühl, dass die Bundeswehr uns unbedingt haben wollte.

Komisch war das strikte Smartphone-Verbot. Wir waren wie abgeschottet von der Außenwelt. Frauen und Männer wurden gleich schlecht behandelt, aber die Mädchen hatten irgendwie mehr Biss. Die haben sich nicht beklagt.

Das Heimweh hatte mich schon nach einigen Tagen von innen aufgefressen. Denn es war das erste Mal, dass ich alleine so weit weg von zu Hause war (ca. 650 Kilometer). Ich hatte an einem Dienstag angefangen. Am Freitag wollte und konnte ich nicht mehr richtig. Mit mir hatten an diesem Tag vier weitere aufgehört. Am Anfang waren wir 60 Leute, darunter zehn Frauen. Zum Ende der Grundausbildung im Dezember waren es nur noch 30, wie ich später erfuhr.

„Wir wurden geschliffen“

Im Kreiswehrersatzamt war man nett zu mir. Auch der Jugendoffizier in der Schule schwärmte von der Bundeswehr. Aber in der Kaserne wurden wir geschliffen. Angenehm in Erinnerung geblieben ist mir die Kameradschaft. Alle waren liebe, umgängliche Menschen. Außerdem war die Kaserne modern, und das Essen schmeckte auch.

Der Wehrdienst kam für mich zu früh. Ich war noch nicht reif genug. Heute meine ich, dass es ein Fehler war, so schnell wieder auszusteigen. Ich komme mir vor wie ein Feigling, weil ich nicht die Courage aufgebracht habe, einfach mal den Arsch zusammen zu kneifen. Ich würde es gern noch mal versuchen.