Essen.. Die Evangelische Kirche Deutschland erweitert in ihrer „Orientierungshilfe“ das traditionelle Familienbild. Familien können auch Alleinerziehende, Patchwork-Familien oder gleichgeschlechtliche Partnerschaften sein. Es komme nicht auf die Form, sondern auf Liebe und Verantwortung an. Kritik gibt es von Seiten der katholischen Kirche: Für Katholiken könne dies kein Leitbild von Familie sein.

Das Positionspapier der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zu Familie und Partnerschaft sorgt auf katholischer Seite für Kritik. Der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst mahnte, die Positionen führten zu einer „Relativierung der lebenslang geübten Treue in Ehe und Familie“. Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glück, warnte davor, Ehe und Familie mit anderen Lebensformen gleichzustellen.

In ihrer am Mittwoch vorgestellten „Orientierungshilfe“ rückt die evangelische Kirche von der traditionellen Ehe als der alleinigen Norm ab und plädiert für die Unterstützung auch anderer Lebensformen. Bischof Tebartz-van Elst äußerte die Sorge, die Positionen könnten den Prozess der Ökumene belasten. Anders als die katholische Kirche verstehen Protestanten die Ehe nicht als Sakrament, erklärt der Religionssoziologe Detlef Pollack von der Uni Münster. „Die Kirchenmauern der katholischen Kirche sind höher.“ Sie öffne sich schwerer gesellschaftlichen Entwicklungen. Dabei müsse es im eigenen Interesse der Kirchen liegen, sich auch zum Beispiel für Geschiedene oder Homosexuelle zu öffnen.

Traditionelles Idealbild einer Familie wird immer seltener gelebt

Vater, Mutter, Kind unter dem Dach der Ehe – dieses traditionelle Idealbild einer Familie wird immer seltener gelebt. In ihrer „Orientierungshilfe“ hatte die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ihr Familienbild erweitert. Familie – das können auch Alleinerziehende, Patchwork-Familien oder gleichgeschlechtliche Partnerschaften sein. Es komme nicht auf die Form, sondern auf Liebe und Verantwortung an.

In der katholischen Kirche stoßen diese Positionen auf Unverständnis. Die in dem offiziellen Text der EKD formulierten Positionen zeigten, dass die beiden Kirchen „gerade im Blick auf Ehe und Familie offensichtlich immer weiter auseinanderliegende Überzeugungen haben“, so der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst. Für Katholiken könne dies kein Leitbild von Familie sein.

Katholische Kirche: Ehe zwischen Mann und Frau ein Sakrament

Die katholische Kirche ver­tritt die Überzeugung, dass die Ehe zwischen Mann und Frau ein Sakrament ist, ein Bund, der von Gott gestiftet wird. Sie ist Teil der „Schöpfungsordnung“ und bezieht sich daher auf eine Verbindung zwischen Mann und Frau, die vor Gott nicht geschieden werden kann und sich auch in der Zeugung von Kindern erfüllt.

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Kirchlich geschlossene Ehen, die vom Staat geschieden werden, bleiben in dieser Auffassung vor Gott bestehen. Wer erneut heiratet, begeht demnach Ehebruch. Doch in der „pastoralen Sorge“, in der alltäglichen Seelsorge ist auch die katholische Kirche nicht streng prinzipientreu. Dass sich das Familienbild gewandelt hat, vielschichtiger geworden ist, wird auch hier vielfach gesehen und ernst genommen.

Die evangelische Kirche spricht hingegen nur bei Taufe und Abendmahl von einem Sakrament, nicht bei der Ehe, sie ist „ein weltlich Ding“, wie Martin Luther sagte. Hier liegt der grundsätzliche theologische Unterschied im Eheverständnis der beiden Kirchen. „Die Kirchenmauern der katholischen Kirche sind traditionell höher“, sagt der Religionssoziologe Detlef Pollack, Professor am Exzellenz-Cluster Religion und Politik der Uni Münster. „Dagegen sind die Protestanten gesellschaftsoffener und nehmen neue Entwicklungen auf.

Das katholische Eheverständnis mache es schwer, auch gleichgeschlechtliche Partnerschaften oder Ehen von Geschiedenen zu akzeptieren. Dabei sei die neue Schrift ausgewogen, findet Pollack: Familie wird als Ort von Liebe, Vertrauen und Verantwortung beschrieben – an diesem Punkt könnten sich beide Kirchen treffen.

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