Berlin. .

Der Verfassungsschutz hält eine Neuauflage des rechtsextremen Terrorismus für möglich. Für einige Extremisten sei das Netzwerk NSU ein „Vorbild“, sagte der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, gestern in Berlin. Man wisse nicht, ob es sich dabei um „Maulheldentum“ handele, nehme diese Leute gleichwohl ernst. Wenn man eine Lektion aus der lange unerkannten NSU-Mordserie ziehen müsse, dann, dass man solche Personen „wirklich im Blick haben muss“, sagte Maaßen bei der Vorstellung des Jahresberichts 2012.

Warnung vor Rechtsterroristen

Die Warnung vor einer weiteren NSU-Generation hat vier Gründe. Erstens könnte allein der Umstand, dass das NSU-Trio jahrelang unbehelligt blieb, „potenzielle Nachahmer“ motivieren. Das ist erst mal eine allgemeine Sorge. In Wahrheit hat Maaßen eher den Eindruck, dass die rechte Szene mehrheitlich die NSU-Straftaten nicht unterstützt. Zweitens stufen die Behörden allerdings fast jeden Zweiten der insgesamt 22 150 Rechtsextremen als gewaltbereit ein. Man kennt – drittens – ihre Vorliebe für Sprengstoff und Waffen, die eine „latente Gefährdung“ sei, wie es im Bericht heißt. Viertens gebe es eine Gruppe – offiziell ist von einem „eher geringen“ Personenpotenzial die Rede –, für die Terrorismus durchaus eine „Handlungsoption“ sei.

Rechtsextreme Parteien verlieren

Das Bild der rechten Szene ist zwiespältig. Auf der einen Seite geht die Zahl der Rechtsextremen zurück. 2010 waren es 25 000, heute 22 150. Ein Grund dafür ist, dass sich die DVU aufgelöst hat. Auch die NPD – die Länder betreiben ihr Verbot – verliert Mitglieder. 6000 waren es 2012, 300 weniger als im Vorjahr. Es gab 2012 im Vergleich auch weniger Neonazi-Demos – 95 statt 167 – und weniger Konzerte – 82 statt 131 – von rechtsextremistischen Musikgruppen. Gleichzeitig haben die Länder letztes Jahr acht Neonazi-Gruppen verboten.

Die Gewaltbereitschaft

Auf der anderen Seite ist der Anteil der gewaltbereiten Rechtsextremisten mit 9600 konstant hoch. Das ist fast jeder zweite Anhänger rechtsextremer Organisationen. Sie verübten 802 Gewalttaten, darunter auch sechs versuchte Tötungsdelikte. Vor allem steigt die Zahl der fremdenfeindlich motivierten Straftaten. Sorge macht Maaßen der Zulauf für die Partei „Die Rechte“, die für Neonazis und Kameradschaften attraktiv ist.

Salafisten auf dem Vormarsch

Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sorgt sich, weil sich linke und rechte Extremisten sowie Islamisten gegenseitig hochschaukeln. Sein SPD-„Gegenspieler“ Thomas Oppermann kritisierte allerdings, der Minister müsse sich fragen lassen, „ob er bei den Aussteiger- und Präventionsprogrammen genug tut“.

Wie sein NRW-Kollege Ralf Jäger ist Friedrich alarmiert über den Zulauf für islamistische Organisationen: Sie haben mehr als 42 000 Mitglieder. Vor einem Jahr waren es noch 38 080. Besonders stark wuchs die Bewegung der radikal-islamischen Salafisten – von 3800 (2011) auf 4500 Anhänger.

Fragenkatalog an die USA

Überrascht wurden Friedrich wie Maaßen von der Datensammlung durch US-Geheimdienste. „Ich wusste nichts davon. Ich bin durch die Presse darüber informiert“, beteuerte Maaßen. Dabei kann der Präsident nicht einmal ausschließen, dass auch die deutschen Behörden vom umstrittenen US-Spähprogramm PRISM profitiert haben.

Die deutschen Dienste erhalten regelmäßig Informationen von den Amerikanern. Woher sie stammen, werde nicht mitgeteilt. Friedrich ist allerdings inzwischen vorstellig geworden. Er bat die Amerikaner um Aufklärung und vereinbarte, dass die Deutschen einen Fragenkatalog vorlegen.

Friedrich kündigte an, dass er sich auch an die US-Internetkonzerne wie Yahoo, Google, Facebook, Microsoft, Apple wenden werde. Sie sind nach Medienberichten an PRISM beteiligt.