Düsseldorf. . Bundeseinheitliche Sprachtests für ausländische Ärzte in deutschen Kliniken und Praxen fordert die NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne). „Missverständnisse können in der Medizin verhängnisvolle Folgen haben“, sagte Steffens. Ärzte und Patienten für eine richtige Diagnose aber „dieselbe Sprache sprechen“. Jeder achte Klinikarzt in NRW kommt bereits aus dem Ausland.

Alltag in deutschen Kliniken: Der Patient schildert seine Krankheitssymptome, aber der ausländische Arzt spricht nur bruchstückhaft Deutsch. Das erschwert die richtige Diagnose. NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) will die verbreitete Sprachlosigkeit in deutschen Kliniken beenden.

Künftig sollen bundesweit einheitliche Deutschtests sicherstellen, dass Arzt und Patient dieselbe Sprache sprechen. „Wechselseitiges Verständnis ist eine unverzichtbare Basis der Arzt-Patient-Beziehung“, sagte Steffens unserer Zeitung. Auf der nächsten Gesundheitsministerkonferenz Ende Juni sollen ländereinheitliche Teststandards erarbeitet werden.

Dabei verlangt Steffens, dass eine Vereinheitlichung nicht zur Absenkung bisheriger NRW-Standards führt. Ausländische Ärzte, die ihren Beruf ausüben wollen, müssen in NRW heute neben den notwendigen Fachkenntnissen im Berufs­anerkennungsverfahren auch die Beherrschung der deutschen Sprache nachweisen.

Verständliche Sprache

In den geplanten Sprachtests werden das Leseverstehen und der mündliche Ausdruck geprüft. Außerdem müssen ausländische Ärzte in einem 20-minütigen simulierten Patientengespräch zeigen, dass sie die Kranken in verständlicher Sprache aufklären und beraten können.

Nach Angaben von Ministerin Steffens laufen derzeit in NRW 20 Kurse mit 189 Personen. Die Kurse werden je nach Bedarf mit 160 bis zu 730 Unterrichtseinheiten angeboten. In Nordrhein-Westfalen müssen ausländische Ärzte das in Europa anerkannte Sprachzertifikat der Stufe B2 nachweisen: Das attestiert ihnen bei einem erfolgreichen Abschluss umfassende Deutschkenntnisse. Kritiker halten die Anforderungen allerdings für nicht ausreichend.

Beschwerden häufen sich

Die meisten ausländischen Ärzte in NRW kommen aus Griechenland, Rumänien, Russland, Polen, Syrien, Iran, Ungarn, der Türkei und Österreich. Auch die Ärzte­gewerkschaft Marburger Bund und die Ärztekammern sprechen sich für einheitliche Deutschtests aus.

Von den bundesweit 28 000 Ärzten mit ausländischem Pass arbeiten mehr als 18 000 in Krankenhäusern. Aufgrund häufiger Beschwerden über mangelnde Sprachkenntnisse ausländischer Mediziner gerade in Nacht- und Wochenenddiensten der Ambulanzen wird der Ruf nach strengen Deutschtests lauter. Gleichzeitig darf der Sprachtest nicht zu streng sein, weil die Kliniken dringend Ärzte benötigen.

Wegen höherer Gehälter und familienfreundlicher Arbeitsbedingungen wandern seit Jahren mehr deutsche Ärzte in Länder wie Schweden oder die Schweiz aus, als dass ausländische Ärzte nach Deutschland zuwandern. Deshalb werben einzelne Kliniken aktiv auf Jobbörsen in Bukarest, Sofia, Prag und Krakau um medizinischen Nachwuchs. Das Problem wird sich weiter verschärfen: Bis 2020 gehen jährlich 19 000 Klinikärzte in den Ruhestand. Außerdem wollen junge Ärztinnen oft in Teilzeit arbeiten, so dass Kräfte in der Klinik fehlen.

Viele Stellen sind unbesetzt

Das Deutsche Krankenhausinstitut rechnet im Jahr 2019 mit bundesweit 37 000 offenen Stellen für Ärzte – vor allem auf dem Land. Schon heute können drei Viertel der Krankenhäuser freie Stellen nicht besetzen. Da werden auch Mediziner mit schwächeren Deutschkenntnissen gern genommen.

Steffens verwies auf die Notwendigkeit, ausländischen Ärzten auch eine „Starterberatung“ zu geben. „Wir dürfen Zuwanderer im komplexen Verwaltungssystem nicht allein lassen. Sie müssen begleitet und unterstützt werden“, sagte Steffens. In NRW erhalten ausländische Ärzte nicht nur Sprachkurse, sondern auch Unterstützung bei der Eingliederung und der Verlagerung des familiären Lebensmittelpunkts. Dabei sind Ärztekammern, Krankenhausgesellschaft, das Landeszentrum Gesundheit und die Landesinitiative des Gesundheitsministeriums aktiv.