Washington. . US-Präsident Barack Obama hat mit einer Rede einen Kurswechsel im Anti-Terrorkampf angekündigt. Weniger Drohnenangriffe, mehr Rechtsstaat – auch in Guantánamo. Aber wird er sich damit durchsetzen können?

In kaum einem Bereich klaffen Anspruch und Wirklichkeit für US-Präsident Barack Obama so krass auseinander wie in seiner Anti-Terror-Politik. Bei Amtsantritt versprach er eine moralische Erneuerung der USA nach der Erosion rechtsstaatlicher Prinzipien unter George W. Bush im Zuge der Anschläge vom 11. September 2001. Doch es blieb weitgehend bei Ankündigungen.

Denn Obama scheiterte nicht nur bei der Schließung des umstrittenen Gefangenenlagers Guantánamo, in dem immer noch über 160 Insassen zum Teil seit Jahren ohne Prozess festgesetzt werden. Noch stärker als sein Vorgänger Bush ließ er Terrorverdächtige gezielt mit umstrittenen Drohnen­angriffen töten. Nun verkündete Obama einen Kurswechsel.

„Dieser Krieg muss wie jeder Krieg enden“

In einer Grundsatzrede kündigte er strengere Richtlinien für Drohnenangriffe an, den Schandfleck Guantánamo will er endlich beseitigen. Vor der Universität des US-Militärs in Washington mahnte Obama zudem, dass die USA einen „ewigen“ Krieg gegen den Terror nicht gewinnen könnten: „Dieser Krieg muss wie jeder Krieg enden.“

Den Einsatz von Kampfdrohnen schränkt der Präsident stark ein. Voraussetzung für einen Angriff mit den unbemannten Flugzeugen sei nun unter anderem, dass eine „unmittelbar bevorstehende“ Bedrohung für die USA und ihre Bürger bestehe. Weiterhin müsse mit hoher Gewissheit ausgeschlossen werden können, dass beim Einsatz der Drohnen Zivilisten verwundet oder getötet werden könnten.

Man schätzt bis zu 3300 Drohnen-Opfer in Pakistan

Seit Jahren machen die USA an der afghanisch-pakistanischen Grenze, aber auch im Jemen und in Somalia Jagd auf Verbündete von El Kaida. Offizielle Zahlen über die Toten gibt es nicht. Schätzungen zufolge wurden seit dem Jahr 2004 allein in Pakistan bis zu 3300 Menschen durch Drohnenattacken getötet, darunter hunderte Zivilisten.

Tatsächlich schien die US-Regierung in den letzten Jahren Drohnen als Allzweckwaffe gegen (vermeintliche) Terroristen zu sehen: minimales Risiko für die eigenen Leute, maximale Wirkung. Aber nicht nur Bürgerrechtler werfen Obama vor, mit den Tötungen ohne Anklage und Gerichtsprozess gegen die Verfassung zu verstoßen.

Was passiert, wenn El Kaida wieder zuschlägt?

Ob die US-Administration die Zurückhaltung beim Drohnen-Einsatz wirklich durchhält, muss sich erst zeigen. Bei neuen Anschlägen durch El Kaida oder andere Terrorgruppen könnten die Drohnen schnell wieder in Stellung gebracht werden.

Auch bei Guantánamo will der Friedensnobelpreisträger Obama sein Versprechen von mehr Rechtsstaatlichkeit endlich einlösen. „Stellen Sie sich eine Zukunft in zehn oder 20 Jahren vor, in der die USA noch immer Menschen ohne Anklage auf einem Stück Land festhalten, das nicht Teil unseres Landes ist“, sagte er. Der Präsident erklärte, die Militärprozesse gegen Terrorverdächtige von dem umstrittenen Gefangenenlager auf Kuba in die USA verlegen zu wollen. Bislang scheiterten Obamas Versuche, das von Vorgänger Bush eingerichtete Lager zu schließen, an Widerstand aus dem Kongress.

Für die Republikaner ist es eine Kapitulation

Ob er sich diesmal durchsetzen kann, scheint zumindest fraglich. „Die Politik des Präsidenten signalisiert eine Kapitulation vor der Bedrohung durch El Kaida“, wetterte bereits der einflussreiche republikanische Politiker Michael McCaul. Und Bürgerrechtlern gehen die Ankündigungen nicht weit genug. Mal wieder sitzt Obama zwischen allen Stühlen.