Berlin. . Die Union präsentiert ein starkes Frauenteam – die SPD kommt dagegen nur schwer an. Angela Merkel entdeckt gerade ihre weibliche Seite. Beliebter als Peer Steinbrück ist sie allemal. Für Wahlforscher ist allerdings der wirtschaftliche Wohlstand und die soziale Gerechtigkeit wahlentscheidend.

Angela Merkel zieht keine lila Latzhose an. Soweit kommt es nicht. Aber ihre Arbeitsministerin trägt gerne die lila Hemdbluse, wenn sie über Frauenpolitik spricht. Die Union hat der SPD schon viele Themen weggeschnappt – jetzt tritt sie auch noch als glaubhafte Frauenpartei auf. Quote? Wollen sie. Spitzenfrauen in Führungsjobs? Haben sie. Und die Kanzlerin? Angela Merkel entdeckt gerade ihre weibliche Seite. Beliebter als Peer Steinbrück ist sie allemal – vor allem bei den Frauen.

Es klingt paradox. In Umfragen trauen die Deutschen SPD und Grünen frauenpolitisch deutlich mehr zu als der CDU. Nur 17 Prozent der Wähler glauben, dass die Union die Chancen für Frauen verbessern wird. Auch bei der Vereinbarkeit von Job und Familie vertrauen die Bürger eher Rot-Grün als der Union – das zeigt die jüngste Umfrage von Infratest-dimap. Doch vor allem der SPD mangelt es an beweiskräftigen Frauen.

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Wo sind die starken SPD-Frauen in den Spitzenämtern? Gut, es gibt Hannelore Kraft und Malu Dreyer, die beiden Landeschefinnen. Dazu kommen Andrea Nahles in der Parteizentrale und Manuela Schwesig, die Sozialministerin aus dem Osten. Mit Ausnahme von Kraft hat aber keine die Strahlkraft, um es mit dem Frauenduo Angela Merkel/Ursula von der Leyen aufzunehmen.

CDU-Frauen Lieberknecht, Kramp-Karrenbauer und Klöckner

Christine Lieberknecht in Thüringen, Annegret Kramp-Karrenbauer im Saarland, Julia Klöckner in Rheinland-Pfalz – in der Union sind in den letzten Jahren etliche Frauen in Spitzenämter gekommen. Sogar die CSU schickt mit Gerda Hasselfeldt eine Frau als Spitzenkandidatin in die Bundestagswahl. Dagegen steht die magere frauen- und familienpolitische Bilanz der Union. Quotengesetz abgelehnt, Betreuungsgeld durchgewunken, Mütterrenten nicht erhöht. Stattdessen Politikerinnen stark gemacht. Gelebte Frauenförderung, sozusagen.

Andrea Römmele, Wahlforscherin bei der Hertie School of Governance, glaubt dennoch nicht, dass das neue Outfit der Union als moderne Frauenpartei wahlentscheidend sein wird: Frauen sind keine einheitliche Zielgruppe. „Bei rund 30 Millionen Wählerinnen sind die Unterschiede größer als die Gemeinsamkeiten. Etwa zwischen jungen Müttern in Großstädten und Rentnerinnen an der Armutsgrenze.“ Und, nicht zu vergessen: Frauen wählen nicht per se lieber glaubhafte Frauenpolitiker. Gerhard Schröder, der Alpha-Mann mit dem Macho-Image war gerade auch bei den Wählerinnen beliebt.

Die harte Krisenmanagerin will nun mit weichen Themen punkten

Warum aber spielt Merkel jetzt die Frauenkarte? Familiengipfel, Frauengipfel, Plauderstunde mit der „Brigitte“? „Das hätte sie 2005 im Wahlkampf gegen Gerhard Schröder nicht gemacht. Jetzt gilt sie als harte, erfolgreiche Krisenmanagerin. Da ist es sogar ganz nützlich, mit weicheren, auch unpolitischen Seiten zu punkten“, sagt Römmele.

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Am Ende jedoch, da sind sich die meisten Wahlforscher einig, entscheiden nicht Frauen- und Familienthemen über den Wahlausgang, sondern Fragen der wirtschaftlichen Stabilität und der sozialen Gerechtigkeit. Doch das wird sich wandeln. Die Deutschen lernen gerade, dass das Land nur dann heil durch die schwere See des demographischen Wandels steuern wird, wenn Kinderbetreuung und Altenpflege, Teilzeitjobs und Frauenquoten mehr sind als nur dekoratives Wahlkampfgedöns.

Im Wahlkampf zählt Glaubwürdigkeit

Sollte Peer Steinbrück also stärker auf das Thema Frauen und Familie setzen? Die Wahlforscher raten eher ab. „Die Leute wählen nicht Steinbrück, weil dann die Kita abends eine Stunde länger geöffnet hat.“ Im Wahlkampf zählt vor allem Glaubwürdigkeit. Als sich letzte Woche CDU-Frau Ursula von der Leyen in lila Bluse mit Vertretrinnen von wichtigen Frauenverbänden zur frauenpolitischen Plauderstunde traf, wollten nachher alle mit ihr aufs Wohlfühl-Bild. Als die gleiche Runde Stunden später Steinbrück ins politische Verhör nahm, war die Distanz mit Händen zu greifen. „Dagegen ist ein Untersuchungsausschuss ja harmlos“, spottete der SPD-Mann. Seine Wahlversprechen fanden sie trotzdem gut. Angeblich mögen Frauen ja auch Männer mit Humor.