Berlin.

Eigentlich wollte sie ja ihre Masterarbeit schreiben. Dann kam die Bundestagwahl dazwischen. Nun wartet auf Katharina Nocun noch mehr Arbeit. Zum Start des dreitägigen Parteitags in Neumarkt haben die Piraten die 26-Jährige zur neuen politischen Geschäftsführerin gewählt. Mit 81,7 Prozent heimste die Datenschutzaktivistin aus Niedersachsen ein Traumergebnis ein. Nocun tritt damit die Nachfolge des umstrittenen Johannes Ponader an, der nach dem Dauerzoff im Vorstand das Handtuch geworfen hat.

Der theatralische Abschied von Johannes Ponader

„Ich möchte, dass wir uns verdammt noch mal zusammenreißen“, forderte Nocun die rund 1000 Freibeuter in einer leidenschaftlichen Rede auf. Dabei wartet eine Herkulesaufgabe auf sie. Nocun soll die Piraten vom Kenterkurs auf die Erfolgsspur führen. „Ich möchte keine Identifikationsfigur sein“, versuchte sie die Erwartungen zu dämpfen. Doch eben diese sind immens. „Ich traue ihr zu, dass sie eine ähnliche Performance hinlegt wie Marina Weisband“, sagte NRW-Piratenfraktionschef Joachim Paul der NRZ. Er sei begeistert, gab Partei-Vizechef Sebastian Nerz zur Wahl zu Protokoll. Zu Ponader wollte er lieber nichts mehr sagen.

Jener verabschiedete sich theatralisch: „Ich bin Johannes Ponader, ich bin Basispirat.“ Tatsächlich dürften viele Freibeuter heilfroh sein, dass Ponader nun einer unter vielen ist. Sie machen den Lebenskünstler für den Niedergang der jungen Partei mitverantwortlich. Ponader sei in einige Fettnäpfchen getreten, sagte NRW-Pirat Udo Vetter. Für Wirbel hatte etwa dessen Forderung nach seinem persönlichen Grundeinkommen durch die Mitglieder gesorgt. „Wo ich etwas falsch gemacht habe in diesem Jahr, möchte ich euch um Entschuldigung bitten“, sagte Ponader.

In Neumarkt geht es auch um die Zukunft der einstigen Überflieger. Seit Monaten liegen die Piraten unter der Fünf-Prozent-Hürde. Zuletzt hat Parteichef Bernd Schlömer für Unmut gesorgt, indem er den Freibeutern angeblich mangelnde Motivation im Wahlkampf unterstellte. Schlömer will das so nicht gesagt haben, dennoch tobte die Basis. Zudem wildert die Alternative für Deutschland (AfD) bei den Freibeutern und deren Unterstützern – den Protestwählern. So gab Christian Jacken, ein Kandidat für den Geschäftsführerposten, auf offener Bühne bekannt, dass er auch der AfD beitrete. Er müsse dies tun, damit das „Euro-Betrugssystem“ beendet werde.

Einen Neuanfang für die Partei forderte Bayerns Spitzenkandidat für die Bundestagswahl, Bruno Kramm. Dazu möchten die Piraten bis Sonntag Lücken im Wahlprogramm stopfen. Die Basis will unter anderem über Themen wie Bürgerrechte im Internet, mehr Transparenz und Demokratie, aber auch über Innen-, Rechts- und Außenpolitik diskutieren.