Düsseldorf/Berlin. .

Die Schuldenkrise in Europa und die EU-Osterweiterung machen Deutschland als Zuwanderungsland so attraktiv wie lange nicht. 2012 zogen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 1,08 Millionen Menschen zu – so viele wie zuletzt 1995. Unter dem Strich kamen 396 000 Menschen mehr, als im gleichen Zeitraum Deutschland verließen. Auch dies ist der höchste Wert seit 17 Jahren.

Die meisten Menschen kamen aus Polen (176 000), Rumänien (116 000) und Bulgarien (59 000). Besonders starke Zuwächse von jeweils mehr als 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gab es aus den krisengeschüttelten EU-Südländern Spanien, Griechenland, Portugal und Italien. Die meisten Zuwanderer zog es in die Bundesländer Bayern (192 000), NRW (186 000) und Baden-Württemberg (171 000).

Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) begrüßte in der „Welt“ den starken Anstieg: „Das hilft unserem Land, macht es jünger, kreativer und internationaler.“ Es gehe nicht nur um die absoluten Zahlen: „Vor allem die neue Qualität der Zuwanderung ist ein Glücksfall.“ Nach ei­ner Analyse des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung kommen seit 2004 Jahr für Jahr mehr Akademiker nach Deutschland. Die Neuzuwanderer seien insgesamt besser qualifiziert als der Durchschnitt der bereits hier lebenden Migranten. So hätten türkische und nicht-europäische Zuwanderer viel seltener berufliche Abschlüsse als die verstärkt nach Deutschland drängenden EU-Bürger.

In NRW prägten zuletzt vor allem Armutsflüchtlinge – oft Roma – aus Rumänien und Bulgarien das öffentliche Bild von der Zuwanderungswelle. Allein in Duisburg leben nach Stadtschätzungen 7000 von ihnen in prekären Verhältnissen. Wenn 2014 für die neuen EU-Bürger aus Rumänien und Bulgarien die letzten Barrieren zum deutschen Arbeitsmarkt fallen, rechnen einige Kommunen mit einer Verschärfung der Problemlage. Die NRW-Grünen betonten, dass 80 Prozent der Zuwanderer aus beiden Ländern erwerbstätig seien.

Die Handwerkskammer Düsseldorf registriert seit 2010 einen starken Anstieg von schlecht qualifizierten Betriebsgründern aus Osteuropa in kaum regulierten Berufsgruppen wie im Fliesenleger-, Estrichleger- und Gebäudereinigungs-Gewerbe. Stundenlöhne von vier Euro seien bei Rumänen und Bulgaren nicht selten.