Berlin. .

Hermann Gröhe war bestens vorbereitet. Bevor er vor die Presse ging, hatte der CDU-Generalsekretär gestern prüfen lassen, mit wie vielen Ländern Finanzminister Wolfgang Schäuble und sein Amtsvorgänger Peer Steinbrück über Abkommen gegen Steuerflucht verhandelt hätten. 36 Mal bei Schäuble, „gerade einmal mit sechs Ländern“ beim SPD-Mann, referierte Gröhe. Die kleine Episode zeigt, dass die Christdemokraten den (Wahl)Kampf um das Thema Steuern annehmen, aber sich nach dem Fall Hoeneß auch unter Erklärungsdruck fühlen.

Zwar betonte Gröhe, eine Selbstanzeige sei ein Eingeständnis, „das Fehlverhalten eines Einzelnen“. Trotzdem kann die Debatte eine neue Dynamik entwickeln und in der Frage gipfeln, ob Finanzminister Wolfgang Schäuble und Kanzlerin Angela Merkel im Kampf gegen Steuerflucht zu nachlässig waren. Weil sie diese Gefahr witterte, zögerte Merkel nicht, sofort eine Brandmauer einzuziehen.

Erster Schritt: Die Kanzlerin setzte sich vom Fußballmanager ab. Ihre Enttäuschung über Uli Hoeneß wollte Merkel öffentlich nicht verhehlen.

Zweiter Schritt: SPD und Grüne werden in Mithaftung genommen. Beide Oppositionsparteien hatten im Bundesrat zwar ein Abkommen mit der Schweiz verhindert und damit, dass Hoeneß anonym davonkommen konnte.

Merkel an der Spitze der Bewegung

Aber nun ruft die Union in Erinnerung, dass Rot-Grün 2003 eine Steuer-Amnestie durchgesetzt hat. Dagegen hätten Union und FDP 2011 die Möglichkeit einer Selbstanzeige sogar drastisch verschärft. Seither kann man nur straffrei ausgehen, wenn die Angaben vollständig sind. Die Taktik, mit der Wahrheit nur scheibchenweise herauszurücken, sei „ein für allemal beendet“, jubelte Gröhe und ließ durchblicken, dass gerade diese Korrektur Hoeneß nun zum Verhängnis werden könnte.

Dritter und bislang letzter Schritt: Merkel setzt sich an die Spitze der Bewegung. Noch am Wochenende beauftragte sie Schäuble, schärfere Regeln gegen Steuerhinterzieher ins Auge zu fassen. „Wir werden dies umfassend prüfen“, verspricht Gröhe. Man habe zwar keine Angst, mit dem Fall Hoeneß identifiziert zu werden, beteuert der CDU-Generalsekretär. Es sei aber „angemessen“, die aktuelle Debatte zum Anlass für Korrekturen zu nehmen. Es wäre „albern“, so Gröhe weiter, „nicht offen für Gespräche zu sein“. Die aktuelle Debatte hatten SPD und Grüne der Union aufgedrängt. Zum ersten Mal seit Monaten gerieten Merkels Koalitionäre mal in die Defensive.

Gröhe weiß, dass nicht die Parteien, sondern die Menschen bestimmen, worüber im Wahlkampf geredet wird. Die Union versucht aber, dem Thema einen neuen Dreh, einen anderen Spin zu geben. Nachdem sich SPD und Grüne Steuererhöhungen auf die Fahnen geschrieben haben, will die Union mit ihrem Wahlprogramm das Kontrastprogramm anbieten. Die CDU verspricht nicht viel, aber eines auf jeden Fall: Keine Steuererhöhungen. Mit ihren Plänen hätten die Grünen ihren Linksruck besiegelt, so Gröhe. „Man wettert gegen Millionäre, aber man kassiert beim Industriemeister ab.“ Es ist schon der Sound des Wahlkampfs. Ob der Themenwechsel gelingt, hängt indes vom Fortgang der Affäre Hoeneß ab, der unkalkulierbar ist.