Tel Aviv. .

Laut Erkenntnissen des israelischen Militärgeheimdienstes (MI) hat Syriens Regime wiederholt Giftgas gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt. Damit wächst der Druck auf Washington, aktiv in Syriens Bürgerkrieg einzugreifen. US-Präsident Barack Obama hatte Präsident Baschar Assad in der Vergangenheit wiederholt mit „Konsequenzen“ gewarnt, falls dieser Giftgas einsetze.

Gegenseitige Beschuldigungen

Jetzt mehren sich die Hinweise dafür, dass Assad längst seine eigenen Bürger nicht nur mit Gewehren, Artillerie und Mittelstreckenraketen, sondern auch mit Giftgas ermordet. „Laut unserer professionellen Einschätzung hat das Regime in mehreren Fällen tödliche chemische Waffen eingesetzt“, sagte Brigadegeneral Itai Baron vom israelischen Militärgeheimdienst gestern in Tel Aviv.

Der Verdacht ist nicht neu: Rebellen bezichtigten das Regime in der Vergangenheit wiederholt, Giftgas eingesetzt zu haben. Doch lange schien dieser Vorwurf eher politisch motiviert als wahrheitsgetreu zu sein.

Doch im Dezember 2012 wandelte sich das Bild. Damals kamen erstmals aus Homs glaubwürdige Berichte über den Einsatz von C-Waffen. Am 19. März beschuldigten sich die Opposition und Anhänger Assads bereits gegenseitig, Giftgas in Aleppo eingesetzt zu haben. Fünf Tage später kam es in zwei Vororten von Damaskus wieder scheinbar zum Einsatz von Giftgas, und wieder machten die Streitparteien einander dafür verantwortlich.

Bodenproben in Aleppo

Mitte April berichteten britische Medien, Bodenproben aus Aleppo würden eindeutig Spuren von Giftgas aufweisen. Nachrichtenagenturen zitierten vor zehn Tagen anonyme diplomatische Quellen, die ebenfalls von Beweisen für einen Einsatz von Giftgas in Syrien sprachen. Man könne jedoch nicht festlegen, ob die Opposition oder das Regime die verbotenen Waffen einsetzte. Auch Berichte amerikanischer Geheimdienste wurden bewusst vage gehalten: Es sei unklar, ob tödliches Giftgas oder nur chemische Reizstoffe zum Einsatz gekommen seien – scheinbar, um Obama nicht zum Handeln zu zwingen.

Baron räumte nun mit der Doppeldeutigkeit auf. Besonders „besorgniserregend“ sei nun die Aussicht, dass Syriens Arsenal in die Hände radikaler, islamischer Terroristen falle, die „keine normalen Kosten-Nutzen Rechnungen anstellen“, also nicht abgeschreckt werden könnten.

US-Außenminister John Kerry hat israelische Berichte über den Einsatz von Giftgas durch das syrische Regime allerdings in einer ersten Reaktion angezweifelt. In einem Telefongespräch habe ihm Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu am Dienstag die Verwendung jener Massenvernichtungswaffe nicht bestätigen können, sagte Kerry in Brüssel. „Ich weiß noch nicht, was die Tatsachen sind.“