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Der Ärger vieler Schüler über zu schwierige Abiturklausuren in Mathematik reißt nicht ab. Tausende Schüler sind der Facebook-Gruppe „Protest gegen Mathe Abiturklausur ’13“ beigetreten. Schülerin Dilara aus Gladbeck ist die Gründerin dieser Gruppe. „Mit so einem Zulauf hätte ich nicht gerechnet“, sagt die 19-Jährige. Aber es zeige auch, dass die Probleme mit der Matheklausur nicht einzelne beträfen, sondern in ganz NRW Schüler daran verzweifelten.

„Ich bin eigentlich positiv gestimmt zu der Klausur gegangen“, sagt Dilara. Sie habe immer gerne Mathe gemacht, fühlte sich gut vorbereitet vor der Grundkurs-Klausur. Ihre Vorbenotung: Zwei minus. Deshalb war die Schülerin des Riesener-Gymnasiums auch guter Dinge. Doch das änderte sich bald.

Analysis, Vektorrechnung und Matrizenaufgaben standen auf dem Blatt der Grundkurs-Klausur. Schon beim Blick auf die erste Analysis-Aufgabe bekam sie einen Schreck: „Das war der Horror“, sagt Dilara. „Man wusste gar nicht, wo man anfangen sollte.“ Sie erinnerte sich an die Worte des Vaters: Nicht nach dem ersten Blick verzweifeln, sondern erst mal durchatmen und in Ruhe draufschauen. Doch es half nicht. „Wir saßen da wirklich alle mit offenem Mund.“

Die Schüler erhalten Zuspruch von Mathematikern. Ein Gymnasiallehrer, der nicht mit Namen genannt werden möchte, bestätigt: „Die Matrizenaufgabe für den Grundkurs ist schlecht gestellt und widersprüchlich formuliert worden.“ Der erste Aufgabenteil sei gut lösbar gewesen, aber der zweite mit dem Wissen in einem Mathe-Grundkurs nicht.

Martin Wabnik ist ebenfalls Mathelehrer. Er versteht nicht, warum es in NRW so häufig Ärger mit widersprüchlichen Aufgabenstellungen im Zentralabi gebe. „Das ist in keinem anderen Bundesland so“, sagt er. Er kennt allerdings die Aufgabenstellungen der diesjährigen Prüfung nicht. Er unterrichtet nicht an einer öffentlichen Schule, sondern per Video. Einige Schüler versuchen, die Aufgaben nun aus der Erinnerung zu rekon­struieren. Doch das hilft Wabnik nicht weiter. Der Stoff sei durchaus das, was als bekannt vorausgesetzt werden könnte, sagt er. Die genaue Aufgabenstellung sei aber entscheidend. „Leider hat die niemand“, sagt Dilara, „nur die Lehrer, und die dürfen sie nicht rausgeben.“ Sie bittet das Ministerium, die Aufgabenstellung zur Prüfung von unabhängiger Stelle herauszugeben.

Martin Wabnik macht ihr wenig Hoffnung: „Das Ministerium wird nichts herausgeben, wegen der Gefahr der Beeinflussung der Korrekteure.“ Doch er bietet Hilfe an, falls doch jemand die Aufgabenstellung anonym an ihn weiterleitet. Dann möchte er ein Gutachten erstellen, ob der Protest der Schüler begründet ist. Eine Sprecherin des Ministeriums hatte jeden Fehler zurückgewiesen: „Die Klausuren sind korrekt, nur darum geht es.“

Auch auf der Protestseite im In­ternet schreiben Schüler, dass die Aufgaben gut lösbar gewesen seien. Die meisten sehen das dort aber anders. Der Stoff sei im Unterricht nicht durchgenommen worden, sagt Dilara. „Das ist frustrierend“, sagt sie. Die Schüler haben eine Petition gestartet, wollen am Dienstag, 12 Uhr, vor dem Ministerium in Düsseldorf demonstrieren. Ihre Hoffnung: Die Klausur soll nachgeschrieben werden.

18 Schüler schreiben „Sowi“ nach

Gestern wurde bekannt, dass sich nach einer weiteren Panne in den schriftlichen NRW-Abitur-Prüfungen im Fach Sozialwissenschaft landesweit 18 Schüler für ein Nachschreiben entschieden haben. Insgesamt waren 109 Abiturienten an vier Schulen betroffen.

Die Abiturprüfungen sind noch längst nicht überstanden. Manche Schüler müssen bereits am Montag eine weitere Grundkurs-Prüfung überstehen. Dilara muss erst zur mündlichen Prüfung wieder ran – am 7. oder 8. Mai. Bisher hat sie dafür den Kopf noch nicht frei, denn nach der missglückten Matheklausur hat sie plötzlich Angst um ihr Abitur. „Ich wollte immer einen Abi-Durchschnitt von 2,5 erreichen“, sagt sie, „aber im Moment kämpfe ich darum, mein Abitur überhaupt zu bekommen. Wir Schüler haben einfach nur Angst.“