Düsseldorf. . Der frühere Staatskonzern Bahn AG will bis 2020 “zu den zehn Top-Arbeitgebern gehören“, wie DB-Personalvorstand Ulrich Weber ankündigt. Nach Jahren der Negativ-Schlagzeilen arbeitet das insgesamt 300.000 Mitarbeiter zählende Unternehmen an seiner Außendarstellung. Der Veränderungsdruck ist enorm.

Melanie Drella-Petri ist für viele Reisende Gesicht und Stimme der Deutschen Bahn (DB). Die 31-jährige Oberhausenerin arbeitet als „Kauffrau für Verkehrsservice“ im Hauptbahnhof Düsseldorf. Sie muss Auskünfte in der Haupthalle erteilen, Züge ansagen oder Rollstuhlfahrern am Bahnsteig helfen.

Die professionelle Freundlichkeit am Gleis verlangt ihr einiges ab, denn die zweifache Mutter arbeitet Teilzeit im Schichtdienst und ist mit einem Eisenbahner verheiratet, der ebenfalls zu unterschiedlichen Tages- und Nachtzeiten ausrückt. Um Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen, tüftelt Melanie Drella-Petri an individuellen Arbeitszeitmodellen und einem flexibel einsetzbaren Team aus Teilzeit-Beschäftigten. Bei ihrem Arbeitgeber stößt sie mit solchen Ideen neuerdings auf offene Ohren.

Zum Top-Arbeitgeber aufsteigen

Der frühere Staatskonzern Bahn AG will bis 2020 „zu den zehn Top-Arbeitgebern gehören“, wie DB-Personalvorstand Ulrich Weber ankündigt. Nach Jahren der Negativ-Schlagzeilen arbeitet das insgesamt 300.000 Mitarbeiter zählende Unternehmen an einem neuen Image. Von einem „Kulturwandel“ spricht der NRW-Konzernbevollmächtigte Reiner Latsch.

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Dr. Tobias Blasius CD Korr Düsseldorf
Von Tobias Blasius

Der Veränderungsdruck ist enorm. Das Durchschnittsalter der Bahn-Beschäftigten liegt bei 46 Jahren. Allein in NRW muss bis 2020 jede dritte der knapp 31.000 Stellen neu besetzt werden. Es gibt 300 verschiedene Berufsbilder – an Bord und am Gleis fehlt der qualifizierte Nachwuchs. Womöglich könnte eine Bahn-Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit sogar für viele gut ausgebildete Bochumer Opel-Mitarbeiter interessant werden, wenn sie 2015 nach der angekündigten Werksschließung vor dem Neuanfang stehen.

Seit 1. April greift ein neuer „Demografie-Tarifvertrag“, der die Bahn als Arbeitgeber attraktiver machen soll.

Die wichtigsten Punkte

Auszubildende erhalten eine Übernahmegarantie in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis.

Ab dem 60. Lebensjahr können Mitarbeiter in „Regenerationsschichten“ wechseln und für 87,5 Prozent ihres Gehalts nur noch vier Tage pro Woche arbeiten.

Betriebsbedingte Kündigungen werden grundsätzlich ausgeschlossen, obwohl der Wettbewerbsdruck für die Bahn durch kleinere und häufig günstigere Konkurrenten wächst.

Dienstpläne und Betriebsabläufe sollen stärker an die Bedürfnisse der Mitarbeiter angepasst werden.

Selbst DB-Führungskräfte können sich neuerdings in ein Sabbat-Jahr verabschieden.

„Wir wollen stärker das Herz der Mitarbeiter ansprechen“, sagt Personalvorstand Weber. Seit knapp vier Jahren prägt der frühere RAG-Manager die Personalpolitik der Bahn. Nach Zeiten, in denen beinharte Tarif-Auseinandersetzungen mit den Lokführern oder ein interner Daten-Skandal das Bild bestimmten, soll nun das positive Arbeitgeber-Image von Audi oder BMW die Messlatte werden.

Unternehmen will "zufriedene Mitarbeiter"

Weber ist davon überzeugt, dass nur zufriedene Mitarbeiter auch die Bahnkunden zufrieden stellen können. Eine Mitarbeiterbefragung zeichnet das Bild einer „verhalten positiven Grundstimmung“.

Leidgeprüfte Pendler dürfte vor allem interessieren, dass das neue Miteinander bei der Bahn demnächst in NRW auch zur Überprüfung der klassischen Kommunikationswege am Bahnsteig führen soll. Gleiswechsel, Verspätungen, Zugausfälle – vermutlich steckt auch im „Betriebsablauf“, wie es im Bahn-Deutsch heißt, noch allerhand Verbesserungspotenzial.