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Ein Morgen im September 2012. Irene N. hat ihren Dienst im Jobcenter in Neuss begonnen. Ahmed S. kommt ins Büro. Nach einigem Reden und der Aufforderung durch die junge Frau, er möchte gehen, zieht der Marokkaner das Messer und tötet Irene N. mit mehreren Stichen in Brust und Bauch.

Der Tag war eine Zäsur. Der Mord in Neuss, den ein Gericht inzwischen mit lebenslänglicher Haftstrafe für S. gesühnt hat, macht Mitarbeiter von Arbeitsagenturen und Jobcenter nachdenklich: 2000 Menschen kommen beispielsweise jeden Tag in das Jobcenter in Gelsenkirchen. Zugangskontrollen gibt es kaum. Ist man hier und andernorts also noch ausreichend geschützt?

„Wir wollen niemanden unter Generalverdacht stellen“, sagen heute fast alle Chefs der Arbeitsvermittlung. Sie betonen es. Aber sie befassen sich derzeit in Arbeitsgruppen mit einem Papier, das auflistet, welche Vorsorge für Sicherheit möglich und nötig ist.

Von Schulungen bis Schleusen

„Mit offenen Augen“ ist der 47-seitige Report überschrieben, den 18 Experten ausgearbeitet haben. Training, um Aggressionen abzubauen oder die Schulung zu „interkultureller Kompetenz“ sind zwei Punkte aus dem Katalog. Sie gehören zu den eher weicheren, schnell umsetzbaren. Es gibt auch „Hardware“ zur Gefahrenabwehr: mehr Sicherheitspersonal, bessere Alarmsysteme, der Einbau von Fluchttüren, eine Videoüberwachung von Eingangsbereichen und schließlich auch Sicherheitsschleusen – so, wie sie die Eingänge von Gerichten sichern. In dem Papier wird alles mit seinen Vor- und Nachteilen abgewogen.

Es sei den 30 Agenturen und 53 Jobcentern im Land überlassen, welchen Weg sie für sich wählen, sagt Aneta Schikora von der Regionaldirektion in Düsseldorf. Tatsächlich wird das Thema Sicherheit aber an der Basis der Agenturen und Jobcenter ernst genommen. Seit dem Mord von Neuss hat es landesweit drei weitere Zwischenfälle gegeben. Darunter war eine Bombendrohung. Laute Auftritte sind nicht selten.

Reiner Lipka ist Geschäftsführer des Jobcenters in Gelsenkirchen, der Stadt mit der höchsten Arbeitslosenquote. Sein Center beschäftigt 510 Köpfe. „Wir haben 29 Schwerpunkte gesetzt, um die Sicherheit zu erhöhen und vor allem unseren Leuten ein Sicherheitsgefühl zu geben“, sagt er. Notfallpläne sind dabei, Schulungen durch Polizisten „bis hin zu praktischen Übungen“ und der Besuch externer Berater. Über den Einsatz von Videokameras in den Eingangsbereichen sei noch nicht entschieden. Aber: „Einen Hochsicherheitstrakt wird es in Gelsenkirchen nicht geben. Sicherheitsschleusen können auch Gewalt erst provozieren.“

Duisburgs Agentur geht noch äußerst vorsichtig mit dem Thema um. Ja, es werde mit allen Beteiligten über die Erhöhung der Sicherheit diskutiert, sagt Sprecher Hans-Georg Grein. Details über die Beratungen würden nicht genannt.