Menlo Park/Hagen.

Die Gerüchteküche brodelte schon seit Monaten. Jetzt ließ Facebook-Gründer Mark Zuckerberg die Fans des sozialen Netzwerks wissen, wie er verloren gegangenen Boden im Geschäftsfeld Mobiles Internet wieder gutmachen möchte: Facebook präsentierte eine neue Software, die Mobiltelefone mit Android-Betriebssystem zu Facebook-Handys macht. Schon am 12. April soll sie verfügbar sein – und die Art der Handy-Nutzung grundlegend verändern.

Facebook hat ein Problem: Laut einer aktuellen Untersuchung verliert das weltgrößte soziale Netzwerk vor allem junge Mitglieder. In Deutschland wächst die Online-Gemeinschaft nur noch stark bei Menschen über 45, in den USA vor allem bei Rentnern, so die Erhebung. Jüngere kommunizieren lieber mobil – und nutzen dafür Dienste wie den SMS-Ersatz WhatsApp, der sich immer größerer Beliebtheit erfreut. Um genau diese Nutzer nicht zu verlieren, muss das Unternehmen deshalb im Mobilsektor erfolgreicher werden – und hier setzen die Facebook-Software – und das parallel vorgestellte Handy namens „First“ vom taiwanesischen Hersteller HTC – an.

„Home“ hat Facebook das Programm für Handys mit Googles Android-System getauft. Und tatsächlich nistet sich das Programm so tief im Smartphone ein, dass es die Benutzeroberfläche ersetzt. „Home“ ist also ein Programm, das statt des normalen Startbildschirms von Google Nachrichten und Statusmeldungen von Facebook-Freunden zeigt. Die von Android bekannten Programme werden in einem Untermenü versteckt. Da wird Telefonieren, E-Mails schreiben und im Netz surfen fast schon zur Nebensache.

Für Facebook-Gründer Zuckerberg ist die Entwicklung von „Home“ nur folgerichtig. 20 Prozent der Zeit am Smartphone verbrächten Nutzer mit Facebook, sagte Zuckerberg bei der Vorstellung der neuen Software im kalifornischen Menlo Park, dem Sitz des Facebook-Hauptquartiers. Mehr als einhundert Mal am Tag würden Smartphone-Nutzer darüber hinaus zu ihrem Handy greifen. Künftig würden sie dann von Facebook begrüßt.

Kein reines Facebook-Handy

In den Monaten zuvor war viel über ein eigenes Facebook-Betriebssystem für Handys spekuliert worden. Einer solchen Entwicklung erteilte Zuckerberg aber eine Absage. Man wolle so viele Nutzer wie möglich mit „Home“ erreichen. Ein reines Facebook-Handy würde maximal zehn bis 15 Millionen Menschen erreichen, die neue Software deutlich mehr Nutzer. Android ist nämlich mittlerweile das am weitesten verbreitete Betriebssystem für Smartphones. Und die Plattform ist so offen gestaltet, das jeder Hersteller problemlos Änderungen und Erweiterungen am Betriebssystem vornehmen kann.

Die Art, wie sich Facebook dabei im Leben seiner Nutzer breitmacht, ist nicht allen geheuer. „Facebook Home zerstört jede Vorstellung von Privatsphäre“, kritisierte der prominente Technologie-Blogger Om Malik. „Wenn Sie das installieren, ist es sehr wahrscheinlich, dass Facebook in der Lage sein wird, jeden Ihrer Schritte und jede kleinste Aktion zu verfolgen.“ So sei es denkbar, dass der GPS-Sensor Facebook permanent über den Aufenthaltsort der Nutzer informiert.

Programme, die den Tagesablauf eines Nutzers analysieren, gibt es allerdings auch schon vom Android-Macher Google. „Google Now“, einmal gestartet, gibt dann beispielsweise Ratschläge, wie Nutzer am schnellsten zur Arbeit kommen oder wo sie auf ihrer Route am günstigsten tanken können.

Nutzer eines iPhones gehen leer aus

Nicht nur Besitzer des „First“-Handys, das die neue Facebook-Software bereits installiert haben, kommen in den Genuss von „Home“. Das Programm soll ab dem 12. April auch für mehrere andere HTC- und Samsung-Modelle – unter anderem für die beliebten Handys der Galaxy-Reihe – kostenlos im Play Store, dem Online-Laden von Google, erhältlich sein. Nach und nach sollen weitere Smartphones folgen. Wer das bisherige Facebook-Programm für Android installiert hat, wird von diesem über das Erscheinen von „Home“ informiert. Eine Version für Tablet-Computer mit Android soll folgen. Einen genauen Erscheinungstermin gibt es aber noch nicht.

Übrigens: Nutzer eines iPhones von Apple werden „Home“ nicht nutzen können. Der US-Konzern erlaubt anderen Herstellern nicht, das Betriebssystem so grundlegend zu verändern. Apple will weiter seine eigenen Produkte gekonnt vermarkten.