Essen/Ludwigsburg. .
68 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs sind deutsche Fahnder einer größeren Zahl bisher unbelangter mutmaßlicher NS-Täter auf die Spur gekommen. Die Zentrale Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg will in den nächsten Wochen Vorermittlungen gegen 50 frühere KZ-Aufseher des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau wegen Beihilfe zum Mord einleiten.
Den Ermittlern liegen Listen mit Namen und Wohnorten der Tatverdächtigen vor, sagte der Behördenleiter, der Leitende Oberstaatsanwalt Kurt Schrimm, der NRZ. Sie lebten über ganz Deutschland verteilt. Es handele sich um Personen im Alter um die 90 Jahre.
Schrimm hält es seit dem Urteil gegen John Demjanjuk, der Wachmann im Lager Sobibor war, für aussichtsreich, auch gegen KZ-Aufseher Prozesse zu führen – selbst, wenn ihnen unter anderem aus Mangel an Zeugen keine direkte Tatbeteiligung nachgewiesen werden kann. Demjanjuk war 2011 wegen Beihilfe zum Mord in 20 000 Fällen zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. „Der Angeklagte war Teil der Vernichtungsmaschinerie“, heißt es dazu in der Urteilsbegründung des Landgerichts München. Anders als früher reiche seit diesem Spruch „jede Tätigkeit in einem Konzentrationslager aus, um wegen der Beihilfe zum Mord zu verurteilen“, sagt Schrimm. Das Urteil sei besipielhaft - -obwohl es nicht rechtskräftig wurde, da sowohl Demjanjuk als auch die Staatsanwaltschaft Revision gegen das Urteil eingelegt hatten und der Angeklagte vor Beendigung des Verfahrens verstorben ist.
Hunger und Entbehrungen
Die Ludwigsburger Zentrale Stelle, die seit 1958 von den Bundesländern unterhalten wird und seither insgesamt 7485 Vorermittlungsverfahren geführt hat, ist zudem zuversichtlich, weitere Täter außerhalb Deutschlands zu enttarnen. Die Staatsanwälte durchforsten derzeit brasilianische Einwanderungsakten aus der unmittelbaren Nachkriegszeit. Zahlreiche Nazi-Schergen waren damals, auch mit Unterstützung aus der Katholischen Kirche, nach Südamerika geflohen.
Auschwitz-Birkenau im besetzten Polen war zwischen 1942 und 1945 das größte deutsche Vernichtungslager. Hier brachten die Nazis 900 000 Juden in den Gaskammern um. Weitere 200 000 starben bei Hinrichtungen durch die SS und durch Hunger, Entbehrungen und Krankheiten. Vor fast genau 50 Jahren, am 16. April 1963, wurde die erste Anklage gegen Verantwortliche des Lagers erhoben.