Berlin/Düsseldorf. . SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück erntet wegen seines Plädoyers für getrennten Sportunterricht aus religiösen Gründen scharfe Kritik. Er hatte erklärt, wo es möglich sei, solle man dem Wunsch muslimischer Eltern nach getrenntem Sportunterricht für Jungen und Mädchen nachkommen.
Getrennter Sportunterricht für Jungen und Mädchen? Mal wieder gerät SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück wegen einer umstrittenen Äußerung in die Kritik – und die kommt auch aus den eigenen Reihen.
Heinz Buschkowsky, Sozialdemokrat und als Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln selbst nicht unumstritten für seine manchmal eigenwillige Einstellung zur Integration, nannte Steinbrücks Äußerungen „sehr unglücklich“. Junge Leute bräuchten eine moderne gesellschaftliche Orientierung, „in Ergänzung oder auch im Gegensatz zu tradierten Familienriten“, sagte er der „Welt“. Heinz Buschkowsky weiter: „Bei uns gibt es keine Hierarchie, keine unterschiedlichen Aufgaben. Der Mensch ist absolut gleich.“
Auch Sylvia Löhrmann (Grüne), Schulministerin der rot-grünen Landesregierung in NRW, äußerte sich eher zurückhaltend. Das gemeinsame Lernen sei „auch im Interesse einer erfolgreichen Integration“, sagte sie dieser Zeitung. Schulen könnten aber „in eigener Verantwortung entscheiden, Jungen und Mädchen aus pädagogischen Gründen für einen begrenzten Zeitraum in einzelnen Fächern getrennt zu unterrichten“.
„Diskussion von gestern“
Berlins langjährige Ausländerbeauftragte Barbara John (CDU) nannte Steinbrücks Äußerungen rückwärtsgewandt. „Die Diskussion über eine Trennung ist von gestern“, sagte sie. Forderungen nach getrenntem Sportunterricht werden von einigen muslimischen Eltern erhoben, die auf religiöse Vorschriften verweisen. Dies ist an Schulen hierzulande aber nicht vorgesehen. Es gab schon mehrere Prozesse zu dem Thema.
Der Grünen-Migrationspolitiker Memet Kilic sprach sich deutlich gegen Änderungen der herrschenden Unterrichts-Praxis aus. Die bisherige Rechtsprechung zweifle nicht an gemeinsamem Sport- oder Schwimmunterricht, erklärte Kilic. Rücksichtnahme auf religiöse Gefühle dürfe nicht auf Kosten universell gültiger Menschenrechte gehen.
Der Linken-Abgeordnete Jan Korte mahnte: „Wer in der Schule nach Geschlechtern trennt, zementiert Ungerechtigkeit.“ Es stünde Steinbrück besser, „die Werte des Grundgesetzes gegen Angriffe von Konservativen jeder Couleur zu verteidigen“. (mit afp)