Kürzlich hat Marina Weisband ein Buch mit dem Titel „Wir nennen es Politik“ veröffentlicht, in dem sie ihre „Ideen für eine zeitgemäße Demokratie“ ausbreitet. Zeitgemäß ist für die ehemalige politische Geschäftsführerin der Piratenpartei eine internetbasierte Mitmachdemokratie – eine hübsche, eine naive Utopie. Wer mehr an den Problemen der praktischen Umsetzung solcher theoretischen Erwägungen interessiert ist und eine Ahnung davon bekommen will, warum die Piratenpartei – vorerst – gescheitert ist, sollte zu einem anderen Buch greifen: „Piratenbraut“ von Astrid Geisler. Ein munter geschriebener, unterhaltsamer Erfahrungsbericht, vor allem aber ein Buch, das zeigt, wie sich eine junge Partei in ihrem Selbstfindungsprozess zu verlieren droht. Gut 200 Tage war Journalistin Geisler Mitglied bei den Piraten, in der Zeit nach der erfolgreichen Landtagswahl in Schleswig-Holstein bis kurz nach dem Bundesparteitag in Bochum. Ihre anfängliche Faszination für die revolutionären Demokratieansätze der Piraten macht gleichwohl schnell Ernüchterung Platz. Transparenz erschöpft sich bei den Piraten allzuoft im öffentlichen Austragen von Streit, die eigentliche politische Arbeit wird nur von wenigen geleistet, die den Luxus Zeit haben, die radikale Basisdemokratie hemmt die Abläufe, die Programmatik bleibt konturlos – und die viel gepriesene Software Liquid Feedback wird von nur wenigen und ist manipulationsanfällig. Nicht von ungefähr hat Geisler in ihrer Zeit in der Partei die „repräsentative Demokratie neu schätzen gelernt“. Spannend.